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Liebesbegehren – Veronika Schmidt

December 17, 2020

WICHTIGES PETTING – DIE EROTISCHE SCHMUSEREI

by Veronika Schmidt in Ehesex, Erregung, Erektionsstörung, Geburt, Lust, Schmerzen beim Sex, Sex im Alter, Sex Tipp, Sex vor der Ehe, Petting, 2020


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Veronika Schmidt

Vergesst das Petting nicht! Petting ist für Paare eine super Sache. Denn es bringt einander näher. Und es hilft, (neue) erotische Fähigkeiten zu entdecken.

Was ist Petting? Laut Definition umfasst Petting Formen körperlicher Stimulation, ausgenommen des Geschlechtsverkehrs, die sexuelle Erregung hervorrufen. Führt es zum Geschlechtsverkehr, so wird es auch Vorspiel genannt. Die wichtigsten Praktiken sind Küssen und manuelle und orale Stimulation der erogenen Zonen einschließlich der primären und sekundären Geschlechtsmerkmale sowie das Aneinanderreiben derselben. Petting gilt als verbreitetste Form des Sexualverhaltens bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Doch alle Paare sollten es für sich (wieder)entdecken.


Viele Paare, die vielleicht eine eingefahrene Sex-Routine miteinander haben, wissen gar nicht, wie vielfältig die Lust des anderen oder auch die eigene sein kann. Also, was alles erregt und welche neuen Entdeckungsmöglichkeiten es gibt. Eine längere Beziehungsdauer lässt zudem vielleicht Neues, noch nicht Erprobtes zu, weil die Vertrautheit gewachsen ist. Oder ein Paar ist Ewigkeiten zusammen und hat ganz vergessen, wie lustvoll gegenseitiges Entdecken des Körpers noch sein kann.

Seltsamerweise denken Paare bei Sex vor allem an Penetration, sprich Geschlechtsverkehr. Doch Sex beinhaltet eine vielfältige Palette sexueller Spielvarianten ausserhalb von reinem Geschlechtsverkehr. Wenn diese Spielvarianten nicht (mehr) gelebt werden, kann es schnell dazu führen, dass Sex und erotische Begegnungen auf der Strecke bleiben, wenn man Penetration aus dem Weg geht. Aus verschiedensten Gründen. Weil Penetration (momentan) nicht möglich ist. Weil sich Penetration generell unangenehm anfühlt. Weil sie schmerzt. Oder weil die Erektion nicht hält und Penetration deshalb nicht mehr so gut geht. Oder weil man damit warten will bis zur Ehe.

Doch Sex ist auch Petting. Petting ist eine erotische Alternative zu Penetration. Mit Petting-Verzicht bringen wir uns um die erotischste Sache der Welt. Petting kann sowohl als Vorspiel zum Geschlechtsverkehr, als auch für sich allein gesehen, eine ekstatische Form des Sexlebens sein. Vor allem aber empfiehlt es sich, nach einer längeren Sexpause, zum Sex-Wiedereinstieg oder zum Sexeinstieg überhaupt, ausgiebig zu fummeln und sich gegenseitig in Fahrt zu bringen . Auch für erfahrene und langjährige Paare ist Petting Bestandteil eines ausgedehnten, empfindungsvollen Slow-Sex.

Viele Paare, die mit dem Geschlechtsverkehr bis zur Ehe warten und dabei auch auf ausgiebiges Petting verzichten, müssen sich erstmal erotisch kennenlernen. Oft setzen sie sich unter Druck, gleich das “fulminante Feuerwerk” beim Geschlechtsverkehr erleben zu wollen. Doch es ist ratsam, erst eine Phase des Pettings zu haben. Sich erst körperlich kennen zu lernen, sich gegenseitig bis zum Höhepunkt zu verwöhnen lernen und erst dann lustvoll mit dem Geschlechtsverkehr zu experimentieren.

Petting hilft, seinen eigenen Körper und den Körper des anderen zu entdecken und Lust, Erregung und sexuelle Möglichkeiten auszuprobieren. Und dabei auch mit Zeit, Langsamkeit und Intensität zu spielen. Denn je länger die Erregungsphase bei der Stimulation andauert, desto empfindungsvoller ist der Orgasmus.

Eine hohe Erregung erreichen und halten lernen

Eine hohe Erregung ist vor allem auch für die Frau entscheidend. Denn damit einher gehen eine lustvolle Wahrnehmung von Vulva und Vagina und genügend Feuchtigkeit für angenehmen Geschlechtsverkehr. Die Klitoris, das entscheidende Schwellkörperorgan für alle diese Vorgänge, braucht – anders als der Penis – eine Erregungsphase von gerne fünfzehn Minuten. Doch auch Männer können lernen, mit der Erregung zu spielen, sie länger zu halten und mehr dabei zu erleben.

Sich dem anderen überlassen

Petting ist auch Verführung. Dass aus einem zarten Kuss plötzlich mehr werden kann. Verwöhnende Finger… Dass der anderen einen anfasst und verführt. Und zwar so langsam, wie es eben beim Petting vor sich geht. Dass man den anderen bis zum Orgasmus bringt oder sich dem anderen bis zum Orgasmus überlässt, ohne dabei unbedingt Geschlechtsverkehr folgen lassen zu müssen. Das kann man durchaus zelebrieren und sollte nicht als Teenie-Sex abgetan werden.

Petting bringt das Küssen zurück

Wann habt Ihr das letzte Mal so richtig intensiv geküsst? Eben! Gerade langjährige Paare beschränken sich im Alltag auf kurze Küsschen zur Begrüßung oder vielleicht noch ein bisschen Knutscherei beim Sex. Doch richtig intensive Zungenspielereien mit leidenschaftlichem Lecken in allen Variationen, mal zärtlich mal fordernd, werden leider mit Dauer einer Beziehung immer seltener.

Langsamkeit ist das A und das O

Auch wenn das Küssen schon so erregt, dass Ihr meint, es kaum noch auszuhalten: Wartet ab! Nehmt zwischendurch das Tempo raus, streichelt nur sanft, lasst die Zunge oder die Finger kurz mal weg, atmet tief durch. Denn kurze Pausen erregen und Erregung wird noch intensiver, wenn es danach wieder weitergeht.

Gleiten und flutschen

Während Gleitgel beim Sex oft manchmal zu viel des Guten ist, kann es beim Petting nicht flutschig genug sein.

Massieren in der Peripherie

Massiert Euch. Einer gibt, einer nimmt. Zum Beispiel von den Oberschenkeln zu den Füssen (hier sitzen besonders viele Nerven, die auch sexuelle Erregungen erzeugen) und wieder auf der Rückseite hoch bis zum Po. Oder sich hocharbeiten vom Bauch über die Brust zu den Armen oder vom Po über den Rücken zum Kopf.

Bewegen - Nicht bewegen!

Bewegen – Räkeln – Spielen mit dem eigenen Beckenboden, während man verwöhnt wird, ist gut. Ebenso erregend kann es sein, einfach mal nichts zu machen. Haltet kurz mit dem Streicheln und Küssen inne, lasst dabei Eure Körper aber ruhig aneinandergepresst. Je größer die Fläche der Berührung, desto intensiver die Empfindung. Auch das kann erregend sein und danach das Sehnen wecken, wieder mit Stimulation fortzufahren. Tipp: Häufigere Pausen trainieren die sexuelle Ausdauer! Und lassen den Orgasmus intensiver sein.

Petting kann extrem “heiss” sein – entscheidend ist, was beide daraus machen. Viele Vorschläge fürs Befingern und Beschmusen gibt’s im Buch ALLTAGSLUST.

PS: Und zum Schluss noch dies: Ist Petting richtiger Sex oder nicht?
Tja, diese Frage entscheidet über Sein oder Nichtsein des „Mit-Sex-Warten-bis-zur-Ehe-Credos“. Wie definieren wir „Warten“? Ich habe es mal für eine Umfrage getan: Sex ist sich gegenseitig zum Orgasmus bringen. Es gab Proteste zu dieser Definition. Von (jungen) Gläubigen, die sich plötzlich damit konfrontiert sahen, allenfalls doch nicht mit dem Sex bis zu Ehe gewartet zu haben, sich gerne aber damit brüsteten. Von Pastoren, die es gar nicht so genau wissen wollen, weil sie genau spüren, dass es damit absurd wird. Es ist längst absurd geworden. Man darf alles und in jede Öffnung, ausser in die Vagina. Oder man darf rein gar nichts. Oder man darf sich einfach nicht dabei erwischen lassen. Oder man darf nicht zusammen Urlaub machen, alles andere ist egal, weil nicht kontrollierbar. Was man aber auf gar keinen Fall tun darf, ist selbst Verantwortung übernehmen. Ja, so sieht’s aus.

PPS: Eine Studie der Columbia University und der Yale University kam zu der Ansicht, dass ein Keuschheitsversprechen den ersten Geschlechtsverkehr etwa anderthalb Jahre verschieben. Dabei wurde True Love Waits in der Studie ausdrücklich genannt: „Von 12.000 Teenagern im Alter von 12 bis 18 Jahren, die das TLW-Programm durchliefen, hatten innerhalb von sechs Jahren nach Abschluss des Programms 88 % vorehelichen Geschlechtsverkehr.“ (Quelle: Wikipedia)

PPPS: Heisst das jetzt, dass Warten mit dem Sex bis zur Ehe für Paare kein erstrebenswertes Ziel ist? Doch, ist es. Aber es sollte allein in der Verantwortung des erwachsenen Paares liegen, ob sie warten und wie sie Warten gestalten – es geht schlicht und einfach niemanden etwas an. Falls Du selbst Verantwortung übernehmen willst – so könnte diese aussehen: BLOG - Eine neue Sexualmoral


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November 25, 2020

SELBSTBEFRIEDIGUNG ALS THERAPIE

by Veronika Schmidt in Aufreger, Identität, keine Lust, Konflikte, Krankheit, Lust, Orgasmus, Schmerzen beim Sex, Sehnsucht, Selbstbefriedigung, Selbsterfahrung, Selbstgefühl & Selbstwert, Selbstverantwortung, Sex im Alter, Sex vor der Ehe, Sexuelles Begehren, Singlesex, Solosex, Therapie & Beratung, Wechseljahre, weibliche Sexualität, männliche Sexualität, zu früh Kommen, Erektionsstörung, Erektion, 2020


illustration: priscilla bucher

illustration: priscilla bucher

illustration: priscilla bucher

illustration: priscilla bucher

Veronika Schmidt

Ich werde nicht nachlassen, unermüdlich zu postulieren, dass Selbstbefriedigung einen wichtigen Aspekt des Menschwerdens entwickelt! Nämlich seine Sexualität und deren Genussfähigkeit!

Selbstberührungen sind ein wichtiger Teil der sexuellen Entwicklung des Menschen. Denn sexuelles Lernen geschieht über Selbsterfahrung. Zudem werden sexuelle Bedürfnisse schon seit Menschengedenken auch durch Solosex befriedigt. Aber auch in der Therapie nimmt die Selbststimulation eine wichtige Schlüsselrolle ein für die Bewältigung vieler sexueller Probleme: “Lernen durch Selbstbefriedigung”. Selbstbefriedigung ist eine Ressource. Selbstbefriedigung kann helfen gegen Einsamkeit. Selbstbefriedigung ist gesund, weil Sex gesund ist. Orgasmen sind gesund. Selbstbefriedigung ist das Natürlichste der Welt. Aber leider ebenso das Verdammteste.


Generationenlang wurden uns vor allem sexuelle Sündenkataloge vermittelt, nicht aber sexuelle Freuden. Das kollektive gesellschaftliche Selbstbefriedigungstrauma sitzt tief, egal ob wir religiös sind oder nicht. Denn religiös geprägt sind wir alle. Vor nicht allzu langer Zeit waren Gesellschaft und Kirche eins und bestimmten über Sein und Nichtsein. Sexualfeindlichkeit ist kulturell bedingt.

Selbstbefriedigung ist ein wichtiger Aspekt des Menschwerdens und der Entwicklung der Sexualität. Doch noch wichtiger als die Frage ob sie geschieht, ist die Frage wie sie geschieht. Denn nicht jede zur Gewohnheit verfestigte Selbstbefriedigung ist hilfreich. Gerade, weil verboten, haben viele Menschen eine hastige, mechanische, druckvolle, Orgasmus fixierte Selbstbefriedigung entwickelt. Mit hoher Körperspannung, ohne wirklichen Genuss, oft nicht bei sich selbst mit der Wahrnehmung, sondern in irgendwelchen erregenden Bildern. Gerade dieses “Nicht-bei-sich-sein” kann zu übermässiger Selbststimulation führen, weil einen das Erlebte nicht genussvoll sättigt. Doch auch die “Unbefleckten” haben ein Problem. Denn die Moral hat sie nicht nur vor Selbstbefleckung (übrigens kein biblisches Wort - just saying) abgehalten, ganz vielen steht die Moral im Erwachsenenalter vor dem Erleben erfüllender Lust.

Durch Selbstberührungen lernen wir schon im Kindesalter mit und an uns selbst Zärtlichkeit. Wir lernen sowohl Zärtlichkeit zu geben, als auch Zärtlichkeit entgegen zu nehmen. Ebenso ermöglicht Selbstberührung die Entwicklung von Selbstliebe, Selbstakzeptanz, Selbstbewusstsein, Selbstgefühl, Selbstsicherheit und sexuelle Selbstsicherheit. Es geht im weitesten Sinn darum, den Penis oder die Vulva und Vagina mit sich selbst in Verbindung zu bringen. Und im Speziellen geht es im Laufe der sexuellen Entwicklung darum, die Verbindung zur eigenen Erektionsfähigkeit und zur eigenen Lust herzustellen.

Das sexuelle Lernen baut sich einzig und allein auf dem genitalen Erregungsreflex auf, der uns von Anfang an, wie alle anderen Reflexe für die menschlichen Lernprozesse, mitgegeben ist. Doch wird die Fähigkeit zur Erregung im Lauf der Entwicklung nicht mit mir selbst, meinen Geschlechtsorganen, meinem Körper und meinem erotischen Empfinden in Verbindung gebracht, verschwindet diese allmählich. Und muss allenfalls zu einem späteren Zeitpunkt mühselig reaktiviert werden.

Der meistgehörte Satz in meiner Beratungs- und Vortragstätigkeit ist: “Das hätten wir vor zwanzig, dreissig, vierzig, fünzig Jahren hören sollen. Dann wäre alles anders verlaufen.”

Der zweithäufigste Satz lautet: “Ausser mit Ihnen kann man ja mit niemandem darüber reden.” Ich hatte schon viele Gespräche mit älteren Menschen, die sehr traurig von ihrem verkorksten Sex- und Paarleben erzählten. Hauptsächlich aufgrund der fehlenden Ermutigung und Betonung der Wichtigkeit eines sexuellen Lernwegs und fehlender Vermittlung von Wertschätzung sexueller Lust und Selbstbefriedigung. Doch es ist nie zu spät. Ich habe schon einige über Siebzigjährige auf dem Weg ihrer Lustfindung ermutigt und beraten.

Die “Therapie Selbstbefriedigung” eignet sich für alle sexuellen “Störungen”. Erektionsstörungen, zu früh Kommen, keine Lust, dranghafte Lust, keinen Orgasmus, zu wenig spüren beim Geschlechtsverkehr, zu wenig erleben beim Geschlechtsverkehr, nicht penetrieren wollen, nicht aufnehmen können (Vaginismus), Schmerzen beim Sex, Ekel vor den Geschlechtsorganen, Ekel vor den Gerüchen, Ekel vor den Flüssigkeiten, kein sexuelles Begehren. Ebenso bei sexuellen Abhängigkeiten von Porno, Prostitution, Gelegenheitssex, Fetischen und und und… Immer geht es dabei darum, einen besseren Bezug zum eigenen Körper, zu seinen Empfindungen, zu seinen Gefühlen, zu differenzierten Wahrnehmungen seiner selbst zu bekommen. Und damit darum, die Angst und den Stress in Bezug auf Schmerz, Versagen und Einsamkeit zu überwinden und Sexualität neu zu entwickeln.

Frei werden von Abhängigkeiten - Porno etc.

Die Therapie Selbstbefriedigung ist ebenso hilfreich, um das eigene Sexleben immer wieder neu zu entdecken. Denn Sexualität verändert sich ein Leben lang. Der Körper verändert sich ein Leben lang. Die Paarbeziehung verändert sich ein Leben lang. Plötzlich muss oder will man etwas Neues lernen, weil das Alte vielleicht nicht mehr zufriedenstellend funktioniert. Und oft lernen wir am besten erst einmal nur mit uns allein, bis wir uns wieder sicher fühlen, um es wieder in die Paarsexualität einbringen zu können.

Deshalb - seid lieb und verständnisvoll zu Eurem Penis, Eurer Vulva und Vagina! Nehmt sie ernst. Lehrt sie Erotik. Erlernt gemeinsam mit ihnen erotische Fähigkeiten. Beginnt, Euer Sexleben genussvoll zu gestalten. Lasst Euch Zeit dabei. Seid weder auf die Penetration noch auf den Orgasmus fixiert. Sex ist noch viel, viel mehr als das. Lernt, den Weg zum Orgasmus ebenso zu geniessen, wie den Orgasmus selbst! Der Schlüssel ist - wie bei allen anderen Fähigkeiten - üben, üben, üben.

Und so geht’s!
Buchtipps zur Selbststimulation von Mann und Frau

ALLTAGSLUST von Veronika Schmidt (“Was Sex schön macht” S. 134-218)

SINNLICHE INTIMITÄT von Susanne-Sitari Rescio


Sex ist gesund - auch Solosex:

Menschen sind sexuelle Wesen. Die Sexualorgane erfüllen einen ureigenen Zweck, stellen etwa die gesunde Funktionalität der Körper-Hirn-Einheit sicher. Erlebte Lust, entweder in der Selbstliebe oder in einer Paarbeziehung, setzt einen Cocktail aus Hormonen und anderen Botenstoffen frei, der nicht nur für Lusterleben und Liebesbindung sorgt, sondern auch körperliches und emotionales Wohlbefinden und ein starkes Selbstbewusstsein bewirkt. Ein Orgasmus erhöht den Grundumsatz des normalen Hormoncocktails im Körper um den Faktor 1000. Die Wirkung hält bis 48 Stunden an.

  • Wenn der Sex mindestens zwanzig Minuten dauert, wird die Produktion des Botenstoffes Dopamin angeregt. Dopamin bewirkt einen intensiven und anhaltenden Stressabbau. Auch die Ausschüttung von Endorphinen nimmt mit der Sex-Dauer zu. Die opiumähnliche Substanz führt zu einem Glücksgefühl und lässt Schmerzen vergessen, besonders Kopf- und Gelenkschmerzen.

  • Sex verbessert die Prostata-Gesundheit. Samenflüssigkeit wird zu etwa dreißig Prozent in der Prostata erzeugt. Beim Orgasmus zieht sich die Wandmuskulatur der Prostata zusammen und die Samenflüssigkeit wird in die Harnröhre gepumpt. Leidet der Mann an einer Entzündung der Prostata, fördert jede Ejakulation das Ausschwemmen infektiöser Keime aus den unteren Harn- und Spermawegen.

  • Sex kann den Zyklus regulieren. Wer einen unregelmäßigen Zyklus hat, sollte mindestens einmal pro Woche Sex haben. Außerdem bemerken viele Frauen, dass sie weniger Krämpfe haben, wenn sie während ihrer Periode masturbieren.

  • Sex ist ein Jungbrunnen. Beim Sex wird Somatropin, ein Wachstumshormon aus der Hypophyse (einer Hormondrüse) ausgeschüttet. Das macht die Haut elastischer und lässt einen jünger aussehen.

  • Sex stärkt die Abwehrkräfte. Frauen, die mehr Sex haben, haben mehr Antikörper im Blut – und somit ein stärkeres Immunsystem.

  • Der Gesundheit zuliebe sollte man sich häufig küssen. Küssen regt die Speichelproduktion für längere Zeit an. Speichel ist reich an körpereigenen Antikörpern, welche viele Krankheitserreger bekämpfen. Speichelfluss führt außerdem zu schöneren Zähnen. Auch Samenflüssigkeit macht die Zähne schön, denn sie enthält Zink und Calcium. Beides beugt Karies vor.

  • Sex macht intelligent. Grund dafür ist, dass wir uns dabei entspannen und das Gehirn mehr Nervenzellen produzieren kann.

  • Sex ist ein Schlafmittel. Orgasmen senken das Stresshormon Cortisol und steigern die Östrogenwerte, was uns nach dem Sex in einen tiefen Schlaf fallen lässt.

aus ALLTAGSLUST Seite 132

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April 18, 2019

"STOPP SEX" - DIE ABSCHRECKUNGSBILDER

by Veronika Schmidt in Aufklärung, Christliche Lebenswelt, Liebe, Sex vor der Ehe, Sexualethik, Sünde, 2019


foto by keila hötzel on unsplush

foto by keila hötzel on unsplush

foto by keila hötzel on unsplush

foto by keila hötzel on unsplush

Liebe Veronika

Ein in freikirchlichen Kreisen häufig genanntes Argument für das Warten mit dem Sex ist, dass Sexualität solch eine tiefe Bindungswirkung habe, dass Sexerfahrungen aus früheren Beziehungen spätere Beziehungen wie auch das Singleleben negativ beeinflussen. Ich habe schon mehrfach das Bild zweier aneinander klebender Knetbälle gesehen, aus denen man etwas herausreißt, wenn man sie trennen will. Gibt es für den Vergleich aus fachlicher Perspektive eine Grundlage? Und wie siehst du die Relevanz des Arguments in der Praxis?

Etwas Kontext zu meiner persönlichen Brille: Natürlich beeinflusst uns jede Beziehung. Meine letzte (und erste) Trennung war sehr hart, aber ich habe aus der Beziehung (in der wir nicht miteinander geschlafen haben) im Endeffekt auch viel positive Lernerfahrung mitgenommen, was mir in meiner aktuellen Beziehung hilft. Ich frage mich, wie anders es wäre, wenn wir Sex gehabt hätten.

Vielen Dank für alles, was Du mit Deinen Texten bewegst!
Jasmin, 25 Jahre


Liebe Jasmin

Trennungen tun tatsächlich weh. Je mehr schöne Dinge man zusammen erlebt hat, je länger die Beziehung dauerte, umso schmerzhafter kann die Trennung sein. War dabei Sex im Spiel, kann es zusätzlich qualvoll werden. Denn man hat sich mit diesem Menschen ganzheitlich verbunden und muss oder will ihn nun wieder loslassen. Natürlich sagen wir im Volksmund: “Ein Teil von mir geht mit dem anderen mit.” Doch das sagen wir eher in Bezug auf den Verlust einer liebevollen, positiven Beziehung. Trennung bedeutet immer Abschied nehmen und Loslassen von Gutem und Schwierigem. Dass man aber mit gehabtem Sex für immer beschädigt sein soll, was die besagten Bilder suggerieren, das stimmt meiner Meinung nach schlicht und einfach nicht. Ich bin da ganz Deiner Meinung, dass man durch alle Erfahrungen im Leben auch gewinnen kann. Die von Dir erwähnten Bilder wurden eigentlich konstruiert, um jungen Menschen unangenehme Konsequenzen für den Sex vor der Ehe vor Augen zu malen, ganz in der Manier von abschreckenden Bildern auf Zigaretten-Packungen (die übrigens auch nicht vom Rauchen abhalten). Sozusagen “gesagte Dinge” - einfach dahergesagt, spekulativ, nicht biblisch.

Die Bilder zu “Stopp Sex” kursieren in verschiedenen Varianten: «angebissener Apfel», «rausgeschnittene Kuchenstücke», «Klebeband, das irgendwann nicht mehr haftet» oder eben das Bild mit den «Knetbällen, die etwas rausreissen». Alle diese Bilder stimmen deshalb nicht, weil sie von der Annahme ausgehen, dass Sexualität (oder Liebe und Bindung) eine bestimmte Grösse ist, die durch den Gebrauch abnimmt oder sich abnützt. Ganz grundsätzlich widerspricht das dem biblischen Bild von Liebe, welche zunimmt, sich vervielfältigt, wenn man sie teilt. Liebe nützt sich nicht ab, Sex nützt sich nicht ab, im Gegenteil, sie werden bei richtigem und regelmässigem Gebrauch immer besser. Theoretisch.

Wenn schon, müssten wir das Bild umkehren: es bleibt etwas haften, etwas kommt dazu. Damit sind wir bei der Frage, ob das, was haften bleibt oder dazukommt, positiv oder negativ zu bewerten ist. Ob es als gute Erinnerung bleiben darf oder ob wir uns davon befreien sollten. Was entscheidend von der damit verbundenen Erfahrung abhängt, nämlich wie wir den Sex und die Person, mit der wir Sex hatten, erlebten. Aufgrund eines Zufallsfunds der Universität Alberta, Kanada vermuten Forscher sogar, dass bei ungeschütztem Sex das Erbgut des Mannes über die Spermien in den Körper der Frau wandert und sich irgendwo im Körper der Frau anlagert, denn Spermien sind lebendige Zellen. So gesehen kann es durchaus Sinn machen, sich zu überlegen, “wen” man ein Leben lang mit sich rumtragen möchte, falls dem tatsächlich so ist.

Das Schadens-Bild ist auch deshalb nicht schlüssig, weil Sex gesund ist und grundsätzlich nicht gesundheitlich bedenklich. Wobei der Umgang mit der Sexualität selbstverständlich durchaus verhängnisvoll sein kann. Sex ist gesund aufgrund des im Orgasmus ausgeschütteten Hormon-Cocktails und in Bezug auf die mit der Erregung verbundenen Funktionstüchtigkeit der Schwellkörper des Penis und der Klitoris. Die Einsatzfähigkeit der Sexualorgane (gesehen auf die Jahrzehnte hinaus) wird gerade dadurch erhalten, dass man sie “braucht” – umständehalber auch mit sich selbst. Denn die Erektionsfähigkeit des Penis wird durch Erektionen und Ejakulationen sichergestellt, beim jungen Körper sogar automatisch in der Nacht oder mit der “Morgenlatte”. Auch bei der Frau bleibt die Geschmeidigkeit der Vagina (gutes Feuchtwerden) und die Orgasmusfähigkeit besser erhalten, wenn sie regelmässig Erektionen und Orgasmen hat. Was heisst regelmässig? Zwischen 1-3 Mal pro Woche als Richtgrösse könnte man ableiten aus Studien zur sexuellen Zufriedenheit und aus der Tatsache, dass der positive Effekt der ausgeschütteten Hormone auf den Körper etwa 48 Stunden anhält. Doch selbstverständlich spielen dabei auch die persönlichen Bedürfnisse eine Rolle.

Interessanterweise wurden die “Abnützungs”-Bilder früher in Bezug auf die Selbstbefriedigung vermittelt. Man ging quasi von einem bestimmten Vorrat von Samen aus oder von einem bestimmten Guthaben an «Schüssen». Irgendwann würde dieser Vorrat oder das Guthaben dann aufgebraucht sein. Man warnte vor oder von zu viel Selbstbefriedigung, weil Mann dann irgendwann «nicht mehr könne». Ist natürlich auch biologisch gesehen völliger Quatsch, im Gegenteil. Der männliche Körper stellt immer wieder Samen her, wenn dieser «ausgeschossen» ist. Wird kein Same gebraucht, drosselt der Körper die Produktion. Den sogenannten «Samenstau» – ein weiterer Mythos – gibt es also ebenfalls nicht. Mann bekommt keine körperlichen Probleme, wenn er keinen Sex hat. Wenn, dann spielt sich seine Problematik diesbezüglich vor allem im Kopf ab. Auch bei weiblichen Orgasmen nützt sich gar nichts ab, im Gegenteil. Die im Hormoncocktail des Orgasmus enthaltenen Schmerzmittel, Glückshormone und die Kontraktionen beim Orgasmus können beispielsweise Menstruationsbeschwerden und Kopfschmerzen lindern. Was im Orgasmus ebenfalls ausgeschüttet wird, sind die Bindungshormone, was mindestens eine biologische Erklärung dafür ist, dass Sex tatsächlich enger zusammenbindet als andere gemeinsame Erlebnisse.

Was sich beim Sex allenfalls abnützt, sind unsere Motivation dafür, weil uns das Drumherum nicht gut tut oder nicht gefällt. «Nicht gut tun» können uns selbstverständlich wechselnde (Sex-)Partnerschaften oder sexuelles Verhalten, in welchem wir uns emotional nicht «aufgehoben» fühlen und unsere emotionalen Bedürfnisse nicht gestillt werden. Gemachte schlechte sexuelle Erfahrungen beeinträchtigen unser sexuelles Empfinden. Aber das hat in der Regel nichts mit «Sex vor der Ehe» tun, sondern mit der Art und Weise dieser sexuellen Erfahrungen. Es kommt also sehr darauf an, mit wem und unter welchen Umständen Sex und Liebe stattfinden. Ich möchte an dieser Stelle dennoch einmal mehr festhalten, dass wir Teenager tatsächlich dazu motivieren sollten, mit dem Sex zu warten. Das tun wir aber besser nicht mit abschreckenden Bildern, sondern mit Wissensvermittlung zu Sexualität. Denn je mehr Jugendliche über Sex, Emotionen und Beziehungen wissen, desto später haben sie zum ersten Mal Sex.

Mit dem Sex zuzuwarten, dafür gibt es nicht nur für Teenager gute Gründe. Sex setzt die Übernahme von Verantwortung gegenüber sich selbst und dem Liebespartner voraus. Verantwortungsbewusstsein entscheidet darüber, wie Sex stattfindet (Verhütung, respektvoller Umgang usw.). Wir sollten zudem grundsätzlich die Verantwortung übernehmen können für unser eigenes Leben (wirtschaftlich und/oder emotional auf eigenen Beinen stehen) und allenfalls für Leben, welches aus Sex entstehen kann. In der Beziehung selbst sollte man sich auf verschiedenen Ebenen gut Kennenlernen, auf hohem Niveau kommunizieren können, gemeinsame Interessen haben, sich gut verstehen und sich gerne nahe sein. Man sollte zudem unbedingt eine erotische Anziehung verspüren. Fehlt diese, wird es langfristig schwierig mit der Lust auf Sex. Deshalb gehört zu einer Kennenlernphase Küssen, Umarmungen, Kuscheln und Zärtlichkeiten selbstverständlich dazu. Wer von sich behauptet: «Wir haben kein Problem mit Warten!», der sollte ganz genau hinsehen, wie es denn um die körperliche Anziehung tatsächlich bestellt ist. Es kann aber auch sein, dass Sex als logischer Bestandteil einer Beziehung irgendwann einfach dazugehört. Die Verantwortung dafür sollten wir meiner Meinung nach dem (erwachsenen) Paar überlassen. Dazu hast Du bestimmt meine Blogs zum Thema schon gelesen. Wenn nicht, kannst Du das Stichwort «Sex vor der Ehe» hier eingeben: Übersicht alle Blogs.

Herzliche Grüsse - Veronika

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June 14, 2018

EINE NEUE SEXUALMORAL - UND DIE AUFWERTUNG DER VERLOBUNG

by Veronika Schmidt in Aufklärung, Aufreger, Bibel, Ehe, Partnerwahl, Selbstverantwortung, Sex vor der Ehe, Zusammenleben, Sexualethik, 2018


foto: rawpixel

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foto: rawpixel

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Die vergangenen vier Jahre habe ich mir gemeinsam mit Freunden viele Gedanken darüber gemacht, wie Menschen durch eine ermutigende, fördernde und Identität stiftende Sexualethik in ganzheitlicher Weise in einem gesunden Selbstgefühl wachsen können.


Dabei blieben wir immer wieder auch an der Fragestellung hängen, wie Regelwerke durch Selbstverantwortung sinnvoll ersetzt werden könnten, ohne gleich den Wertekatalog über den Haufen zu werfen. Denn das ist verständlicherweise die grosse Angst der christlichen Gemeinschaft: "Was geschieht mit den Menschen und unserem Zusammenleben, wenn die haltgebenden Normen wegfallen?" Die Frage aller Fragen darin: Der "Sex vor der Ehe". Die Konsequenz aller Selbstverantwortung lässt keinen anderen Schluss zu, als die Verantwortung für den gelebten Sex dem einzelnen Menschen und dem Paar zu übergeben. Wir sollten wegkommen von der Verbots- und Problemkultur. Denn ansonsten finden wir uns in der Falle wieder von Kontrolle und Rechenschaft einfordern. Zufügen will ich hier, dass meine Überlegungen den erwachsenen mündigen Menschen betreffen, nicht minderjährige Jugendliche, die unter der Verantwortung der Eltern stehen.

Wie könnte eine neue Sexualmoral aussehen? Ohne gleich ein Konzept vorzustellen, habe ich trotzdem die für mich wichtigsten Grundsatzhaltungen formuliert. Sie entsprechen auch den Ausführungen im Buch LIEBESLUST im Schlusskapitel, in dem ich ausführe, wie wir jungen Menschen Sexualität sinnvoll und lustvoll weitergeben und darüber reden können.

EINE NEUE SEXUALMORAL

Auf dem Gebot der LIEBE, nicht Gesetzlichkeit.

Beruht auf SELBSTVERANTWORTUNG und
Verantwortung für den anderen in LIEBE.

Grundlage ist RESPEKT, sowohl für die Autonomie,
als auch die Beziehungsperson.

Margaret A. Farley, die 83-jährige Nonne, Theologin und emeritierte Dozentin für christliche Ethik an der Yale University hat in ihrem Buch „Verdammter Sex“ Sexualnormen der Gerechtigkeit vorgestellt, die den gesamten Sex-Kontext umspannen und uns als Leitlinien für eine neue Sexualethik dienen können und meiner Ansicht nach auch sollten.

sexuelle_Gerechtigkeit.jpg

Ein aufmerksamer BLOG-Leser hat mir seine eigenen Recherchen zum Dilemma-Thema "Sex vor der Ehe" zugeschickt. Er befasste sich mit der These, dass eine Aufwertung der Verlobung ein Schritt in die Richtung "Verantwortung an das Paar abgeben" sein könnte. Ich möchte Euch diese Ausführungen nicht vorenthalten. Danke Dir, Erwin Meier, Pastor im Ruhestand, ganz herzlich, dass ich diesen Text veröffentlichen darf.


Verlobung - welch hoher Wert

Nicht nur in der Gesellschaft ist die Verlobung ziemlich unmodern geworden. Auch in der christlichen Lebenswelt höre ich zumeist das Wort von der Freundschaft. Um die Wichtigkeit dieser Beziehung zu betonen, spricht man von einer „festen“ Freundschaft. Aus seelsorgerlicher Sichtweise fehlt mir dabei jedoch die deutlich erkennbare Verbindlichkeit, in der die echte Liebe zur Paarbindung herangewachsen ist. Dann wächst beim Paar irgendwann auch der Wunsch, dass aus einer echten Liebe eine rechtsverbindliche Partnerschaft wird und einer von beiden den Vorschlag macht: „Lass uns übers Heiraten sprechen.“ Das Bedürfnis nach Gewissheit und Zukunftsplanung verlangt nach Klärung.

Damit soll der Zustand dieser Liebe auch in einer christlichen Gesellschaft anerkannt werden. Das stellt den Stand einer Verlobung dar. Sie zeigt, wie ernst das Paar es mit der Ehe meint. Ihr Verbindlichkeitscharakter bildet einen Wert, der in den biblischen Zeitaltern und noch heute in den Zivilgesetzen von Deutschland und der Schweiz mit unter den Schutz des Eherechts gestellt ist. Die Verlobung ist integraler Bestandteil der Ehe. Es ist mein Anliegen, den Liebespaaren die Verlobung erstrebenswert zu machen. Wo dies erkannt wird, nimmt man nicht nur die daraus resultierenden Pflichten ernst, sondern auch die dazu gehörigen Privilegien. Ich unterstelle Christen, dass sie selbstverständlich verantwortungsbewusst voraus denken und dementsprechend handeln.

Mit diesen sachlichen Aussagen bewege ich mich im Bereich der Definition. Wo um die eine gültige Definition gerungen wird, geschieht die Auseinandersetzung mit Meinungen. Dabei gestehen wir uns gegenseitig verschiedene Meinungen zu, weil wir uns bewusst sind, dass wir eine gemeinsame Gesinnung haben. Wir wollen nichts anderes als die liebevolle Gesinnung von  Jesus Christus. Und wenn wir unter seinem Beistand sogar zu der Meinung gekommen sind, dass man den Beginn der Ehe verschieden definieren kann, dann begegnet er uns nicht mit Stirnrunzeln, sondern lächelt verständnisvoll.

Die Suche nach Objektivität in einem subjektiv erlebten Liebesverhältnis startet unser Verstand. Der soll dann unseren Willen leiten. Dann kommen  die Gefühle der Sehnsucht nach Zärtlichkeit dazu. Der Liebreiz weckt den Wunsch nach  Befriedigung dieser immer heftiger werdenden Gefühle. Längst vorher sollten Christen folgende  moralische Frage geklärt  haben: Ist dieses reizende Gefühl nicht nur sehr schön? Findet Gott es auch gut, wenn wir uns gegenseitig damit beglücken? Dann antworte ich: Gut ist, wenn wir erstens Gott danken können für die Befähigung zur Vernunft, zweitens für die Bereitschaft zum verantwortungsbewussten Wollen und drittens für das Zulassen der wonnigen Liebesgefühle.

Sie kommen aus unserem Inneren, aus unserer Seele. Auch damit können wir den HERRN loben, sagt Psalm 103,1 „… und all mein Inneres seinen heiligen Namen.“ (EB) Diese aufwallenden Gefühle können sich von unnötigen Hemmungen lösen und zur rückhaltlosen Hingabe befähigen. Dann können wir auch gemeinsam unser Beten und Danken fortsetzen und kultivieren. Das ist gut. Weil man mit dieser Einstellung eben nicht der sündigen Begierde der „Fleischeslust“ verfallen ist, vor der uns der Apostel Johannes in 1 Joh 2,16 als weltliche Verdorbenheit bewahrt wissen möchte. Leider haben mit diesem Bibeltext die frommen Moralisten so manchen geistlichen Missbrauch getrieben. Wie ernüchternd wirkt dagegen der Zuspruch des Apostels Paulus in Röm 14,22: „Selig ist, der sich selbst nicht verurteilen muss in dem, was er gut heißt.“

Das kann in unserer Beziehung bedeuten: Wenn Verlobte ihren Gefühlen soweit Ausdruck erlauben wollen, dass sie sich gegenseitig mit dem Geschlechtsverkehr beschenken, dann sollten sie es mit dem Verständnis tun, dass ihre Intimgemeinschaft nicht mit der moralischen Abwertung „vorehelich“ behaftet ist. Wenn sie sich darüber nicht im Klaren sind, wenn ihre Freiheit dazu nicht vollkommen ist, ist ihre Liebesbeziehung für eine Liebesvereinigung noch nicht reif genug. Dann wird es ihre geistliche Beziehung zu Gott und miteinander beeinträchtigen.

Verlobte wissen sich in unserer Gesellschaft als Liebespaar ernst  genommen. Diese Gesellschaft ist so tolerant, dass man gar nicht danach fragt, ob in ihrer Liebesbeziehung der Geschlechtsverkehr erlaubt ist. Ich stelle deshalb in Frage, ob man mit der Enthaltsamkeit bis zum Zeitpunkt der Hochzeitsfeier in dieser Gesellschaft überhaupt ein Zeichen und Zeugnis für Selbstbeherrschung und Sitte geben kann, wenn dafür gar kein Interesse besteht. Enthaltsamkeit ist gut - für diejenigen, die davon überzeugt und auch so veranlagt und so stark sind, dass sie es können. Dazu meint ein Weiser: Wichtiger als Abstinenz ist die Kompetenz. Diese besteht zunächst einmal in dem gegenseitig gegebenen Treueversprechen. Danach ist ein Paar im vertraulichen Miteinander kompetent, wenn es ohne Krampf bei wohltuender Behaglichkeit liebevolle Umgangsformen einübt, die dann einander auch mit erotischen Spielarten glücklich machen. Man kann die Enthaltsamkeit eine Tugend nennen mit der Wortbedeutung von „taugen“ bzw.  Tauglichkeit. Dann handelt es sich um ein vorwurfsfreies Verhalten. Unsere heutige Gesellschaft erhebt diesbezüglich keinen Vorwurf. Und „wenn uns unser Herz nicht verdammt, so haben wir Zuversicht zu Gott“ (1 Joh 3,21). Für das eigene Gewissen ist es gewiss gut und tut gegenseitig gut.

Gelegentlich zitieren verlobte Paare auch den Spruch aus Hos 2,21 + 22: „Ich will mich mit dir verloben für alle Ewigkeit, ich will mich mit dir verloben in Gerechtigkeit und Recht, in Gnade und Barmherzigkeit. Ja, in Treue will ich mich mit dir verloben, und du wirst den Herrn erkennen“. Hier spricht Gott wie ein  Bräutigam zu seinem Volk über einen erneuerten Bund und gebraucht für sein Liebesverhältnis mit der „Tochter Zion“ drei Mal die Worte von der Verlobung, wobei ER am Ende den Ausdruck „erkennen“ (hebräisch yada) hinzufügt. Bekanntlich verstanden die Bibelschreiber darunter eine innige, sogar intime Beziehung (1 Mo 4,1 + 25). Dieser Begriff ist nicht nur gefüllt mit dem Begegnungscharakter, sondern „er-kennen“ schließt das Wiedererkennen ein, betont damit den Wiedererkennungswert, der auf Zukunft angelegt ist, weil man auf Wiederholung hoffen darf.  

Als die Jünger einmal die Aussagen von Jesus über die Ehefähigkeit sehr problematisch fanden und schlussfolgernd die Meinung äußerten, dass wohl die Ehelosigkeit eine praktikable Lösung sei, fügte Jesus eine weitere sehr problematische Bemerkung hinzu: „Wer es fassen kann, der fasse es!“ (Mat 19,12). Das könnte heißen: Wer die geschlechtliche Enthaltsamkeit fassen kann, soll damit zufrieden sein. Und wer sie nicht in den Griff bekommt, soll sich deshalb kein schlechtes Gewissen machen lassen und die Geschlechterliebe eine vortreffliche Tugend nennen. 

Wir sind uns darüber im Klaren, dass der liebevolle und befriedigende Austausch von Zärtlichkeiten beim Kuscheln, erregt bis hin zum schönsten Petting, dieses Liebesspiel, bereits eine Vor-Form des Geschlechtsverkehrs ist. Im Erlebnis ist es das für die Braut so wichtige Vorspiel, das sie möglichst lang hinausgezögert genießen möchte. Sie wünscht sich, dass ihr Geliebter hautnah zu fühlen ist. Nähe ja, aber auch schon sein Eindringen? Hoffentlich kann sie es ehrlich sagen, was sie wirklich möchte. Am besten ist doch, wenn beide längst vorher sich kompetent auseinandergesetzt haben. Dazu gehört natürlich auch etwas Grundwissen über die menschliche Biologie und Physiologie. Insbesondere über den Reichtum und die Wirkung der Hormone, die als Botenstoffe lustvolle Gefühle bis in die Genitalien transportieren können. Erwähnenswert erscheinen hier nur drei. Das als „Kuschelhormon“ bezeichnete Oxytocin wirkt sich im Blut und Gehirn aus und wird sogar bewusst wahrgenommen durch ein verstärktes Gefühl der Anhänglichkeit. Also ein regelrechtes Bindemittel. Und als „Belohnungshormon“ wird das Dopamin so genannt. Deshalb taugen aber beide Hormone nicht als vereinfachte Treueformel. Schließlich können noch die Endorphine genannt werden. Neben anderen Aufgaben können Endorphine einen Anteil an der Herstellung von Sexualhormonen in besonderen Glücksmomenten haben und sogar Euphorie auslösen. Deshalb gilt es auch als „Glückshormon“. Wird es  regelmäßig produziert, kann es das Immunsystem stärken und somit die Gesundheit fördern.

Wiederholte intensive Zeiten der Zärtlichkeit werden Verliebte mit Körper, Hirn und Hormonen in Erregung versetzen und  an einen Punkt bringen, wo sie sich ihrem Verlangen hingeben möchten und der Liebesvereinigung. Im Hohelied (Kap. 5,4) drückt es die Braut sehr direkt aus: mein Innerstes (wörtl. Eingeweide) wallte ihm entgegen. Der Apostel Paulus schreibt in Röm 1,26: dieser „Brauch“ (chresis = Verkehr) ist „natürlich“ (physikos) d. h. dringend notwendig. Und Salomo beschrieb dieses bezaubernde Hochgefühl im Hohelied (4,12 – 16) mit den Worten vom „Lustgarten mit Quelle und Born lebendigen Wassers.“  

Hierzu eine Überlegung zur Wortbedeutung „miteinander schlafen“. Man spricht vom „Beischlaf“. Wörtlich genommen würde das Paar beieinander oder nebeneinander schlafen. Da aber jeder Mensch nur für sich allein schlafen kann, weil man im Schlaf gewissermaßen „abwesend“ ist, taugt dieser Begriff gar nicht für die intime Gemeinschaft, von der die Bibel mit den Worten „ein Fleisch werden“ schreibt. Besser eignet sich der Begriff „Beilager“ oder „Beiwohnung“. So wird er auch in einigen Bibelübersetzungen gebraucht. Ebenso steht er immer noch im § 1300 des BGB: „… hat eine unbescholtene Verlobte ihrem Verlobten die Beiwohnung gestattet …“ Im Herkunftswörterbuch des Duden wird das Wort „schlafen“ erklärt mit „schlaff, schlapp herabhängend“, also ein entspannter Zustand, der eigentlich gar nicht mit einem erotischen Erregungszustand vergleichbar ist. Wenn Jesus in Luk 12,37 f uns als seine Jünger angesichts seiner überraschenden Wiederkunft zum Wachen ermahnt, dann meint das Schlafen „das Aufheben der Gemeinschaft“. So gesehen ist der Begriff „Beischlaf“ für die Geschlechterliebe völlig unpassend. Denn wo die innigste Gemeinschaft erlebt wird, ist das Paar bestenfalls in einem Liebesrausch, aber nicht schlafend.

Der Weg vom klitoralen Petting zum vaginalen Verkehr beträgt nur wenige Zentimeter. Die Liebe findet schließlich ihren Weg von hier bis dort.  Es wäre jammerschade, wenn sich das Paar danach mit einem Rest von Unbehagen anschaut und fragt: Wollten wir so viel? Durften wir so weit gehen? Wurde aus der Umarmung vielleicht eine Verarmung? Wenn erst dann das Gewissen nach dem Wissen fragt, ist es zwar nicht zu spät. Aber als Seelsorger möchte ich gläubigen Liebespaaren - wenn es denn möglich ist - mit meiner biblisch durchdachten Begründung helfen, in unserer heutigen Lebenswelt zu differenzieren zwischen der mosaischen Sexualethik bei den historisch bedingten Sitten, Gebräuchen und Traditionen, wie sie in der Kulturgeschichte des Volkes Israel gesellschaftlich relevant waren, und welche davon in unserer Gesellschaft einen gültigen Wert behalten haben. Tatsache ist, dass die Treue, Aufrichtigkeit und Zuverlässigkeit bei den Menschen unserer Zeit immer noch hohe und begehrte Werte sind. Gerade weil die Wirklichkeit oft anders aussieht, ist das Bedürfnis nach Verlässlichkeit und die Sehnsucht nach geordneten Verhältnissen so groß. Wer zum Beispiel im Beruf Druck verspürt, dem ist sein partnerschaftliches Liebesverhältnis als sicherer Hort umso wichtiger. In der Treue findet man den tröstlichen Ausgleich. Treue ist eine je neue willentliche Entscheidung für ein schönes altmodisch klingendes Wort: Hingabe. Sowohl auf der emotionalen Ebene wie auch auf der sexuellen. Erst die Treue gibt der Liebe ihren Wert.

Noch einmal: Wer vor der Hochzeitsfeier keinen Geschlechtsverkehr miteinander ausüben will, soll beim trauten Beisammensein die Kleidung anbehalten. Wer seinen Willensentschluss in gelassener Entschiedenheit durchhalten kann, sei gesegnet. Aber man soll von Verlobten keine generelle Triebzähmung fordern, wenn weder ein überzeugender Grund noch eine Eigenmotivation dafür da ist. Der erzwungene Verzicht kann im Gegenteil destruktive Kraft entwickeln, und einen ungezwungenen Umgang mit sexuellen Bedürfnissen verhindern, egal, ob sie ausgelebt werden oder nicht. Wer mehr Erkenntnis hat und davon überzeugt ist, dass die voll ausgekostete Geschlechterliebe  ein herrliches Gottesgeschenk ist, der erweist gläubige Kompetenz als eine Tugend, die mit verantwortungsvoller Begeisterung genossen werden kann.

Selbstverständlich sollten Paare mit der Bereitschaft zum Geschlechtsverkehr sich vorher gründlich mit Verhütung auseinandersetzen und verantwortungsbewusst entscheiden, ob und wie sie bereit sind, die Verantwortung für ein allenfalls gezeugtes Kind zu übernehmen.  Denn Angst vor einer Schwangerschaft wird die Hingabe und den Genuss des Geschlechtsverkehrs vor allem für die Frau massiv beeinträchtigen. Zu akzeptieren, dass der eine aus diesen Gründen keinen Geschlechtsverkehr will, gehört zum gegenseitige Respekt in der Beziehung und im Ideal zur Einhaltung des gemeinsamen Treueversprechens des Paares, um im Sinn von Hbr 13,4 die „Ehe in Ehren zu halten“.

Geht es bei Sex um ein Grundbedürfnis des Menschen? So wie bei Luft, Wärme, Wasser, Nahrung und Schlaf, ohne die kein Mensch leben kann? Wir benötigen für ein glückliches Leben Kommunikation, soziale Beziehungen, Sicherheit, Anerkennung und Gebrauchtwerden, doch wie steht es mit Sex?  Nur im Blick auf den Fortbestand der Menschheit kann man sagen, dass Sexualität ein Grundbedürfnis ist. Dass aber Sexualität im Fall eines Paares kein Grundbedürfnis ist, merkt man daran, wie es bei körperlichen oder psychischen Erkrankungen in den Hintergrund rückt. Ebenso ist es natürlich, dass der Mensch auf äußere Einflüsse wie Angst und Stress mit ausbleibendem Geschlechtstrieb reagiert. Sexualität dient aus streng biologischer Sicht in erster Linie der Fortpflanzung, aber in zweiter Hinsicht eben auch der Paarbindung. Mit dem Spruch „Alles kann, aber Liebe muss“, sollte man auch das Anliegen der Sexualität vielleicht nicht als ein Grundbedürfnis verstehen, sondern den Umständen entsprechend als ein sich aufdrängendes Bedürfnis.

Einem verantwortungsvoll lebenden verlobten Paar sollte gewährt sein, dass sie ihren gesunden Liebesbedürfnissen eine naturgemäße Freiheit gönnen. In der echten Welt der Gefühle suchen wir doch alle diese Momente, wo wir staunend vor dem Leben stehen und denken, wie groß, einmalig und überwältigend die Liebe sein kann.

Denn unter gewissen Umständen, wie eine lange Ausbildung oder Studium, ist ein Paar vielleicht nicht in der Lage, zu heiraten und ein entsprechendes Fest finanziell zu bewältigen. Aber in ihrer gereiften Liebesbeziehung erleben sie schon eine hohe Zeit (Hoch-Zeit), d. h. sie nehmen die Ehe ernst und sehen ihre Liebe für gültig an, auch wenn sie noch nicht endgültig ist. Damit bekunden sie ihren Respekt vor der Ehe. Sie erleben ansatzweise, was noch in Fülle verheißen ist. Irgendwann werden sie die Möglichkeit sehen und nutzen, um ihre privat begonnene Ehe auch von der Gesellschaft, d. h. beim Standesamt, urkundlich bestätigen zu lassen. So gesehen handelt es sich dann eigentlich um eine Konfirmation, nämlich eine öffentlich-rechtliche Bestätigung oder Ratifikation eines Bundes, zu dem sie vom lieben Gott bereits den Segen erbeten und bekommen haben.

In Deutschland können heutzutage Verlobte allein zum Standesamt gehen und ohne Trauzeugen heiraten. Wenn sie sich eine Hochzeitsfeier wünschen und leisten können, werden sie diese auf einen späteren Termin verlegen oder sogar auf unbestimmte Zeit verschieben, wenn nicht sogar darauf verzichten. Das bürgerliche Gesetz erlaubt einem Pastor eine kirchliche Segnung für Verlobte, die noch keinen Trauschein vorlegen können. So wird die Ehe „in Ehren gehalten bei allen“. Es geht dabei nicht um die Ehre Gottes (doxa), sondern um jene zwischenmenschliche Ehre (time), d. h. um den Respekt, den man gegenüber Eltern und anderen Autoritäten und vor allem dem geliebten Partner gegenüber erweist. Mit anderen Worten geht es hier um die geistgewirkte Freiheit des Christen, die sich in der Liebe entfaltet und bewährt.

Erwin Meier, Pastor im Ruhestand

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February 8, 2018

ICH BIN VOLLER WUT ÜBER UNSEREN START IN DAS EHE-SEXLEBEN

by Veronika Schmidt in Aufklärung, Aufreger, das erste Mal, Ehe, Ehesex, falsche Scham, Gott, Liebe, Lust, Schmerzen beim Sex, Selbsterfahrung, Sex vor der Ehe, Stress, Sünde, Zusammenleben, 2018


foto:christopher campell

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Liebe Veronika

Mein Mann und ich sind seit Frühling 17 verheiratet. In der Freundschafts- und Verlobungszeit behielten wir immer brav die Kleider an und haben nicht miteinander geschlafen, obwohl ich mir das hätte vorstellen können. Für meinen Mann aber war klar, dass wir damit warten bis zu den Flitterwochen. Ich hatte zwar schon meine Bedenken, ob das dann für mich von null auf hundert einfach so möglich würde. Der Erwartungsdruck war dann, auch von mir aus, in der Flitterwoche gross, weshalb wir „zu üben“ begannen. Leider hatte ich starke Schmerzen dabei und fand es ungerecht, dass ich litt, währen es für ihn lustvoll war. Doch auch mein Mann war frustriert, weil ich, ebenfalls aus Frust, die Sexualität grundsätzlich in Frage stellte und mir mein früheres Leben zurück wünschte.

Irgendwann wurde uns dann klar, dass wir mit dem ganzen „Kein Sex vor der Ehe“ – „Bund schließen“ – „Eins werden“ grundsätzlich etwas falsch verstanden haben mussten. Ich wurde so wütend auf meinen Mann, alle Menschen und alle frommen Gemeinden, die das lehren und uns so geprägt haben. Ich stellte einmal mehr die ganze freikirchliche Kultur in Frage. Weshalb wurde uns nicht gelehrt, dass Liebe, Individualität, Grenzen beachten, persönliche Freiheiten, Freiheit überhaupt so viel grundlegender sind als die „ach so bibelfundierten Vorschriften“?

Inzwischen haben wir uns als Paar und in der Sexualität praktisch weiterentwickelt und erleben immer wieder erfüllenden Sex, wir beide. Wir sind uns bewusst, dass die Flitterwochen katastrophal waren und haben schon oft darüber gesprochen. Mein Mann sagt, man könne das einander vergeben und dann sei gut. Das haben wir auch getan. Aber nur funktioniert es bei mir nicht. Ich bin immer noch voller Wut, wenn ich an unsere Erfahrungen denke, auch darüber, wie leichtgläubig wir Christen alle Dogmen für wahr halten und unser Innerstes dafür aufopfern. Leider habe ich Deinen Blog erst im Spätsommer entdeckt - aber besser als nie! - und damit viel Hilfreiches, wie z.B. den Vortrag von Siegfried Zimmer zum Thema.

Was würdest Du mir empfehlen? Wie soll ich mit dieser Wut umgehen? Mein Mann sagt, ich solle nicht so sehr auf die Vergangenheit fokussieren und diese Erlebnisse loslassen. Manchmal gelingt es wirklich ganz gut. Doch gelegentlich denke ich an die Flitterwochen zurück und könnte kotzen. Ich bedaure sehr, wie unsere Intimität in ihrem jungen Wachstum so unter Druck und Zwang gekommen ist.

Vielen lieben Dank für Deine Arbeit. Grüße von Sandrine, 32 Jahre


Liebe Sandrine

Ich kann Deine Wut über die geschilderten und bestehenden Umstände gut verstehen, da Ihr zwei auch nicht mehr zwanzig seid. Ich meine auch, Deine Wut zu verstehen, weil ich sie selbst kenne, denn sie ist vermutlich in einem persönlichen Gerechtigkeitsempfinden aus Deinem Charakter heraus begründet. Die Frage ist jetzt nur, wie Du die Wut als positive Triebfeder zum Guten nutzt, vor allem für Dich und Deine Beziehung, aber vielleicht auch für andere Menschen. Doch beginnen möchte ich an einem anderen Ende: Ich freue mich für Euch, dass Ihr in so relativ kurzer Zeit zu für Euch beide erfüllendem Sex gekommen seid!

Denn ich kann Dir versichern, für viele Paare löst sich der Sexfrust nicht so schnell in Wohlgefallen auf, manchmal über Jahre nicht. Und was ich Dir auch versichern kann, Anfangsschwierigkeiten müssen alle Paare überwinden, egal, wann sie mit dem Sex zu experimentieren beginnen. Das gehört zum Lernprozess dazu. Doch was Dich wütend macht, ich weiss, ist etwas ganz anderes. Nämlich, dass einem niemand etwas zu Sex sagt, ausser „warten“. Denn die Anfangsschwierigkeiten könnten problemlos überwunden werden, wenn entsprechendes Wissen vorhanden wäre. Das wirklich Schlimme an der freikirchlichen Sexdoktrin ist nicht das DÜRFEN oder das NICHT-DÜRFEN, sondern das WISSEN bzw. NICHT-WISSEN, also die ganzen Informationen über Sex, die in der christlichen Lebenswelt nicht zu haben sind.

Weil dem so ist, kommt der Einstieg ins Sexleben sehr abrupt, entgegen aller romantischer Vorstellungen und Erwartungen. Vor allem für die Frau, die mit sich selbst und ihrem Körper keine sexuellen Erfahrungen gemacht hat. Männer bringen diese Erfahrungen in der grossen Regel mit und können es kaum erwarten, endlich Sex zu haben. Ihrerseits sind sie dann eben frustriert, weil sie sich gar nicht vorstellen konnten, dass Frauen Sex nicht auf Anhieb geniessen. Alles ein riesiger Mangel an Informationen auf beiden Seiten, gespickt voller Missverständnisse und enttäuschter Erwartungen.

Und jetzt muss ich Deinem Mann Recht geben: Lass Deine Wut los, sie zieht Dich nur runter und bindet Dich in unguter Weise an die sexuelle Gesetzlichkeit, die Du ja überwinden willst. Oder sie verleitet Dich zum Angriff, der zum für Dich ebenfalls schädlichen Bumerang werden kann. Groll macht Dich unfrei und keineswegs glücklich. Geh davon aus, dass Jesus mit Dir ist und Dich versteht, also geh zu ihm, um frei zu werden. Er hat freisetzende Gedanken zur Sexualität, die aus der Tatsache begründet sind, das Gott uns als sexuelle Wesen geschaffen hat – „und es gut fand“ (1. Mose 1, 31). Meine beiden Bücher können Dich dabei unterstützen.

Freiheit gewinnst Du nur, indem Du alles loslässt, auch die Anklage - und in die Freiheit spazierst. Du gewinnst nichts, indem Du gegen etwas kämpfst, sondern indem Du Dich für etwas anderes, gutes, neues, eine Alternative einsetzt. Das muss nichts grosses sein, kann aber. Zuallererst investiere weiter in die Entdeckung Deiner Sexualität und in Eure gemeinsame Sexualität, seid experimentierfreudig und freut Euch aneinander. Weiter beginne damit, in Deinem allernächsten Umfeld anders über Sex zu sprechen. Nicht kritisierend und anklagend, sondern einfach die Tatsachen und Erkenntnisse in den Raum stellend, auch die negativen Voraussetzungen. Erklärend, helfend und verstehend, positiv unterstützend, lehrend und wer weiss, irgendwann vielleicht auch beratend.

In diesem Sinne wünsche ich Dir totale Weite in Deinem Herzen und erfüllte Sexualität mit Deinem Mann. Herzlich - Veronika

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