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Liebesbegehren – Veronika Schmidt

November 17, 2017

WESHALB GIBT ES TRANSGENDER MENSCHEN?

by Veronika Schmidt in Aufklärung, Aufreger, Bibel, Fragen, Gott, Homosexualität, Transgender, 2017


foto: liebesbegehren

foto: liebesbegehren

foto: liebesbegehren

foto: liebesbegehren

Liebe Veronika

Mich beschäftigt die Frage, weshalb es Transgender Menschen gibt. "Es ist von Gott nicht so gewollt", damit möchte ich mich nicht zufrieden geben. Es interessiert mich sehr, was der Glaube, das Christentum dazu sagt.

Ich meine, früher gab es das wahrscheinlich nicht, und ich denke, dass darüber nichts in der Bibel steht, oder? Denn es gibt ja noch nicht so lange die Möglichkeit einer Operation. Und was wäre, wenn ein Christ sich operieren lassen wollte? Wäre das in Ordnung? Der Gedanke, dass jemand unglücklich ist in seinem Körper, macht mich traurig, und ich kann’s mir nicht vorstellen, wie schwierig es sein muss, wenn man schon im Kindesalter so empfindet. Wie kann Gott das zulassen?

Liebe Grüsse Gaby


Liebe Gaby

Du stellst ganz schwierige Fragen. Weder die Menschheit noch die Christenheit können diese bis jetzt schlüssig beantworten, weshalb sollte ich das können? Allein die Frage „weshalb lässt Gott das zu?“ ist eine der schwierigsten Fragen überhaupt. Weshalb lässt er all das Leid auf der Welt zu? Dass Menschen einander ausbeuten auf alle erdenkliche Art und Weise? Wenn sich eine Frage nicht beantworten lässt, ist manchmal vielleicht auch die Frage falsch gestellt.

Warum lässt Gott das zu?

Gott hatte ursprünglich einen ganz perfekten Plan, doch den haben die Menschen vereitelt. Deshalb fasste Gott einen neuen Plan, der aber scheinbar alles andere als perfekt ist, im Sinne von makellos. Dieser Plan kostete sogar seinem Sohn das Leben. Gottes neuer Plan hat nicht das perfekte Leben auf Erden im Blickfeld, sondern die Erlösung der ganzen Schöpfung und ihre ursprünglich gedachte Vollendung, aber erst in der Ewigkeit. In diese Vollendung nimmt er den Menschen und dessen Eigenverantwortung mit hinein. Das heisst, wir haben eine Wahl. Wir sollen und müssen uns selbst entscheiden und selbst entwickeln.

Tatsache ist, das Leben mutet uns einiges zu. Dinge passieren einfach. Sie sind einfach. Schwierigkeiten aller Art gehören zum Leben dazu und müssen bewältigt werden. Und nicht alle Menschen haben dieselben Voraussetzungen und Möglichkeiten. Wir alle müssen mit der Unvollkommenheit des irdischen Lebens leben lernen und damit zurechtkommen. Das Leben ist voller Brüche, Leid, Schmerz, Angst, Krankheit, Tod usw. Der „Tod“, das Unperfekte in allen Varianten, ist Teil unseres Lebens. Dazu gehört, dass Menschen erleben, nicht zu sein und empfinden wie alle anderen. Unter anderem homosexuell oder transsexuell. Auch Christen haben kein irdisches Recht auf Vollkommenheit. Auch sie erleben Leid, Krankheit, Tod, können gleichgeschlechtlich oder transsexuell empfinden.

Transgender

Ausdrücklich zum Thema Transgender sagt die Bibel nichts, wie auch zu so vielen anderen umstrittenen Themen. Aber klar ist, diese Menschen gab es in der antiken Welt. Oft wurden sie kastriert, ihnen also ihr Geschlechtsteil abgeschnitten. Sie wurden zu Eunuchen. Das heisst nicht, dass alle Eunuchen Transgender Menschen waren, aber sicher ein Teil von ihnen. Und vermutlich liessen sich diese Menschen nicht freiwillig kastrieren. Eine Operation zur Geschlechtsangleichung (angleichen an das Empfinden) ist tatsächlich erst heute möglich. Doch das bedeutet nicht, dass es diese Menschen davor nicht gab.

Eine Operation ist heute möglich, doch damit werden Transgender Menschen nicht automatisch glücklich. Unsere Identität ist eine hochkomplexe Sache. Selbst im richtigen Körper zu sein, bedeutet zum Beispiel noch lange nicht, dass wir diesen Körper mögen, uns in ihm zu Hause fühlen, ihn gut bewohnen oder ein gutes Selbst(wert)gefühl  und Selbstvertrauen haben. Wir werden mit dem "richtigen" Körper auch nicht automatisch glücklich in der Sexualität. Nur schon das Zusammenspiel der Hormone und unser Mann/Frau-Sein ist eine hochkomplexe Sache. Darüber findest Du interessante Vorträge von Vera Birkenbihl im Internet.

Geschlechtsumwandlung bzw. Geschlechtsangleichung

Es gibt die hormonelle Geschlechtsangleichung ohne Operation und die operative Angleichung. Operative Geschlechtsangleichungen tragen ein grosses Risiko in sich, danach in der Sexualität nicht mehr so vielfältig zu spüren und Erregung lustvoll zu erleben. Denn jede Operation verletzt Nervenendigungen und es bildet sich Narbengewebe, das schmerzen oder aber nicht mehr empfinden kann. Jede Operation im Geschlechtsbereich mindert auf irgendeine Weise die Möglichkeiten der sexuellen Empfindungen. Die erotischen Möglichkeiten werden weniger. Das kann unter Umständen der grössere Verlust sein, als der Gewinn durch die Operation.

Moralische Wertung

Es wird der individuellen Person und der Sache nicht gerecht, wenn wir das alles als „Genderismus“ abhandeln. Auch ich habe meine Probleme mit den extremen Forderungen der LGBT+-Fraktion, die alle Grenzen zwischen Geschlechtern und letztlich auch Generationen aufheben will. Doch ob es um Sexualität, Homosexualität, Intersexualität oder Transsexualität geht - Christen tun sich mit diesen Themen extrem schwer. Irgendwie können wir mit „Abweichungen“ nicht gut umgehen. Meine „moralische“ Haltung dazu kannst Du hier auf dem  BLOG unter dem Stichwort Homosexualität nachlesen. Die Frage nach dem „Dürfen“ sollte jede Person für sich selbst mit Gott klären. Die „Dürfen-Frage“ ist eine dieser falschen Fragestellungen. Auf jeden Fall würde ich einer Transgender-Person zu einer Sexualtherapie raten, um grundsätzlich an ihrem Körpergefühl zu arbeiten, bevor sie sich zu einem so drastischen Schritt wie einer Operation entschliesst.

Liebe Gaby, ich hoffe, ich kann Dich mit meiner Antwort zum Denken und Forschen bringen. Denn für vieles müssen wir eigene Antworten finden. Wir sollten Gott selbst fragen, was er uns persönlich dazu sagen will. Das Wichtigsten aber ist, dass wir uns ein barmherziges Herz bewahren, um mit Menschen aller Couleur liebevoll und auf Gott hinweisend umzugehen, damit sie seine Liebe durch uns erfahren können.

Herzliche Grüsse - Veronika

Artikel über Philip Yancey: "Christen kommunizieren ohne Gnade"

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October 20, 2017

DANKE, DANKE, DANKE!

by Veronika Schmidt in Aufklärung, Buch, Ehesex, Fragen, Lust, Liebe, Meistgelesen!, 2017


foto: liebesbegehren

foto: liebesbegehren

foto: liebesbegehren

foto: liebesbegehren

Liebe Veronika

Ich wollte Dir einfach mal Danke sagen!! Danke für Deine Bücher und Deinen Blog, welche viele Menschen und Ehen verändert haben. Ich hoffe, Du weißt, was für einen immens positiven Einfluss Du auf unsere christliche Gesellschaft und auf so viele, besonders junge, Ehen hast.

Meine Mann und ich haben beide Deiner Bücher gelesen, sie haben uns sehr inspiriert. Obwohl wir ziemlich schnell befriedigenden und leidenschaftlichen Sex "erlernten", haben wir uns durch Deine Bücher nochmals ganz neu entdeckt und noch mehr Lust auf Lust im Alltag entwickelt :-) .

In unserer Kirche bin, aus welchem Grund auch immer, ich diejenige, zu der viele junge, oft frisch verheiratete, Frauen kommen. Sie wünschen sich irgendwelche Tipps, weil sie von ihrer Sexualität frustriert sind. Mir ist es ein riesiges Anliegen, dass Wissen über sexuelle Fähigkeiten, aber auch einfach die nackte, unverschämte Leidenschaft in den Schlafzimmern Einzug hält. Es ist für mich dramatisch und bestürzend, wie wenig das, besonders bei Christen, der Fall ist.

Frauen kommen nach der Hochzeit zu mir und fragen mich, wie wir das eigentlich mit der Verhütung machen... vorher war das für sie offenbar kein Thema... und wundern sich, dass ihre Männer das nicht liebevoll finden. Aber das weißt Du sicher besser als ich. Wenn ich mit meinen Ideen nicht weiter komme, empfehle ich immer Deine Bücher :-) . Deshalb, vielen Dank dafür!!

Es ist so schön, zu wissen, dass Du Dich für Identität und guten Sex, gegen Vorurteile und Klischees, gegen deprimierende Gewohnheiten und Verklemmtsein einsetzt und für den Menschen bist.

Bitte, bitte - mach weiter! Herzlichst, Deine Katharina, 28 Jahre


Liebe Katharina

Ich werde weitermachen und dranbleiben. Wenn auch in Zukunft mit BLOG-Schreiben nicht mehr ganz in dieser hohen Frequenz, wie bisher. Die vier vergangenen Jahre waren für mich eine aufregende, aber auch intensive Abenteuerreise. Neben meinem vollen Beratungsalltag hat sich ein ganz neues Feld eröffnet durch die Sex-Predigten, das Bücherschreiben und den BLOG. Mails wie Deines erreichen mich immer wieder und geben mir Rückenwind. Gerade eben schrieb eine 35-jährige Frau: "Vielen Dank für Deine beiden Bücher und Deine Arbeit hier mit dem Blog. Bei mir (und somit auch bei meinem Mann) hat sich so vieles im Bereich Sex zum Guten verändert. Das Buch Liebeslust hat dazu geführt, dass wir häufiger miteinander schlafen. Jetzt lese ich gerade Alltagslust und freue mich auch, dass wir beide noch mehr Freude in dem Bereich erleben. Dankeschön, dass Du als Christin quer denkst und das auch öffentlich mitteilst."

Von Beginn weg, seit März 2015, stösst der BLOG auf reges Interesse. Im Jahr 2016 wurden bereits über 28'600 Besuche registriert. Nun sind bis Mitte Oktober für das Jahr 2017 schon 39'800 Besuche erfasst. Das Buch LIEBESLUST wurde bis jetzt 10'000 Mal verkauft und geht soeben in die 5. Auflage. Das Buch ALLTAGSLUST führt momentan die verlagsinterne Bestsellerliste an. Ich bin also sehr, sehr glücklich - das Thema erreicht die Menschen und verändert die christliche Lebenswelt.

Liebe Katharina, es braucht noch viel mehr so motivierte Menschen wie Dich, die mutig eine Sprache finden zu Sexualität, damit das Thema Kreise zieht und aus der Tabuzone herausbefördert wird. Wer weiss, vielleicht wächst ja für Dich daraus eine Berufung. Das wünsche ich Dir.

Herzliche Grüsse - Veronika

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June 29, 2017

Bin ich auf dem Weg zum Orgasmus?

by Veronika Schmidt in Aufklärung, Beckenschaukel, Erregung, Orgasmus, Selbstbefriedigung, Selbsterfahrung, Sexualität allgemein, weibliche Sexualität, 2017


aufdemwegzumorgasmus.ipg
aufdemwegzumorgasmus.ipg

Hallo Veronika

Ich bin seit mehr als einem Jahr glücklich mit meinem Mann verheiratet. Wir haben mit Sex bis zur Ehe gewartet, und ich habe keinerlei Erfahrung mit Selbstbefriedigung. Ich hab einen tollen und liebevollen Mann, und wir haben wirklich eine freie, lockere und schöne Sexualität zusammen. Nur bei mir leider bis anhin ohne Orgasmus. Ich wünsche es mir sehr. Mit Spannung bin ich Dein Buch am lesen :-).

Wenn ich sehr stark erregt bin durch die Stimulation der Hände meines Mannes, habe ich immer einen extrem starken Harndrang. Es ist ein Gefühl, als müsste ich unbedingt, oder ich würde fast explodieren. Was ist das? Bin ich auf dem Weg zum Orgasmus?

Vielen Dank für Deine Antwort und liebe Grüsse.
Rebby, 25 Jahre


Liebe Rebby

Was Du beschreibst, ist tatsächlich die Phase kurz vor dem Orgasmus. Eine Beschreibung dieser Phase findet sich im Buch unter "Orgasmus der Frau" (LIEBESLUST Seite 67 – 70). Du brauchst keine Angst zu haben, zu urinieren. Der Harndrang rührt daher, dass da, wo im Körperinnern die Klitorisschenkel durch die Erregung anschwellen, um so Druck auf die Vaginawände auszuüben, auch das Prostatagewebe rund um die Harnröhre ist. Hast Du viel Erregung, ist diese ganze Region gut durchblutet und "unter Strom".

Nun ist für einen Orgasmus nur noch nötig, dass Du Körper und Gedanken loslässt, um über die Schwelle zu gelangen. Bewege Deine Beckenbodenmuskeln mit (kleine Kontraktionen, wie wenn Du einen Tampon in die Scheide reinziehen möchtest). Dabei bewegst Du leicht Dein Becken beim Ausatmen nach vorne. Wenn Du dabei beim Luftausatmen mitstöhnst (Ton dazu geben), verstärkt das die Erregung und hilft Dir, die Kontrolle abzugeben. Und nun nimmst Du beim Schaukeln des Beckens ein paar tiefe Atemzüge und versuchst, Dich ganz loszulassen.

Das kannst Du auch einmal mit Dir selbst und mit eigener Stimulation üben. Oder Deinen Mann bitten, er solle mit der Stimulation weiterfahren, bis Du gekommen bist. Dazu sollte er Speichel nehmen, das erhöht die Empfindsamkeit. Für die Erregungssteigerung soll er gleichzeitig an verschiedenen Stellen der Vulva, der Scheidenlippen, zwischen den Scheidenlippen oder auch in der Vagina drin massieren, streicheln, küssen usw. Doch für einen Orgasmus braucht es zum Ende hin oft eine gleichbleibende Stimulation. Sage ihm, wo er mit der Stimulation bleiben soll, und gib Dich der Erregung völlig hin. Im neuen Buch ALLTAGSLUST finden sich ganz viele Stimulationsvorschläge für Frau und Mann.

Herzliche Grüsse – Veronika


Liebe Veronika

Nochmals ich. Einfach vielen, vielen herzlichen Dank!! Deine Antwort hat mir jetzt gerade sehr geholfen, weil mir endlich jemand diese Frage beantworten konnte. Ich habe schon noch etwas Angst, es könnte nass werden... weil...was ist dann mit weiblicher Ejakulation/ Squirting? Hirngespinst des Internets oder wirklich möglich?

Es ist schon schwierig, wenn man noch nie einen Orgasums hatte, den Wegzu diesem Zustand oder Gefühl irgendwie zu finden. Danke auch für die Beckenbodentipps... damit habe ich schon ein bisschen Erfahrung und will dem beim Sex mehr nachspüren. 

Vielen herzlichen Dank nochmals! Und alles Gute Dir und für Deine Arbeit - Rebby


Liebe Rebby

Das mit dem Squirting ist kein Internet-Fake, sondern hängt auch mit der Prostata der Frau zusammen. Wobei man sich nicht ganz einig ist, woraus die Flüssigkeit nun wirklich besteht. Ich habe drei Frauen in der Beratung kennengelernt, die das „können“, ohne es gesucht zu haben. Es gibt ja Frauen (oder deren Männer?), die das unbedingt können wollen. Also - sollte das bei Dir der Fall sein – dann Glückwunsch.  Nein – Spass beiseite. Geh einfach mal nicht davon aus und lass los.

Noch ein Nachtrag zum Beckenboden: Falls Dein Beckenboden „zu sehr“ trainiert ist, versuche, Dich für den Orgasmus mehr auf das Loslassen des Beckenbodens zu konzentrieren, als auf das Anspannen. Versuche, die Erregung besonders spüren zu wollen, wenn Du Dein Becken nach hinten bewegst und einatmest. Oder atme ein und aus, indem Du das Becken hinten lässt. Du kannst das zum Beispiel auf dem Badewannenrand oder einer Stuhlkante üben. Lass das Becken nach hinten gekippt, ganz entspannt, und spüre nach, wie sich Stimulation auf diese Weise anfühlt – auch in dieser Stellung experimentieren mit den Beckenbodenmuskeln und kleinen Beckenbewegungen.

Viel Spass – Veronika


Mit diesem BLOG verabschiede ich mich in die Sommerpause. Anfangs September bin ich wieder für Euch da.
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June 8, 2017

Selbstbefriedigung wird zum Problem

by Veronika Schmidt in Aufklärung, Aufreger, Erregung, falsche Scham, Gott, Lust, Selbstbefriedigung, Selbsterfahrung, Selbstgefühl & Selbstwert, Selbstverantwortung, Solosex, Sünde, 2017


foto: liebesbegehren

foto: liebesbegehren

foto: liebesbegehren

foto: liebesbegehren

Liebe Veronika

In meiner Teeniezeit habe ich begonnen, meinen Körper zu erforschen. Ich habe in einem Heft gesehen, wie man sich selbst befriedigt. Dies hat mein Interesse geweckt. Über mehrere Jahre steigerte sich die Selbstbefriedigung, und ich konnte nicht mehr unter die Dusche, ohne es zu tun. Und dann, aus dem Nichts, überrollte mich ein schlechtes Gewissen. Ich bekam das Gefühl, Gott habe nicht Freude an meinem Tun. Immer wieder betete ich dafür, dass er mich von diesem Zwang befreit. Das hat er tatsächlich getan. Von einem Tag auf den anderen bin ich davon losgekommen.

Zwei Jahre herrschte dann Ruhe, bis ich mit meinen ersten Freund zusammenkam. Damit erwachte auch das Gefühl der Lust wieder in mir. Wir haben nicht zusammen geschlafen, aber uns einige Male gegenseitig stimuliert. Nach jeder Erregung überkam mich das altbekannte schlechte Gewissen von früher. Wir haben dann häufig zusammen gebetet und uns wieder klar gemacht, wo unsere Grenzen sind. Die Beziehung ist mittlerweile auseinander, aber meine Lust hat sich verstärkt.

Jedes Mal, wenn  ich mich selbst befriedige, kommt danach dieses komische Gefühl der Leerheit, obwohl ich es höchstens dreimal im Monat mache. Das nervt mich. Ich weiss unterdessen, dass meine Lust gut und normal ist, aber die Leerheit danach und das schlechte Gewissen vor Gott machen mich manchmal fertig. Wie komme ich davon los?

Mireille, 25 Jahre


Liebe Mireille

Jeder Form der Lustbefriedigung, sei es Alkohol, Süssigkeiten, Essen, Sport, Faulenzen, Fernsehen, Social Media und eben auch Sex oder Selbstbefriedigung, kann zum Problem werden. Das heisst, zum Problem wird sie dann, wenn sie masslos und zu einem unkontrollierbaren Drang wird, der mich andere Pflichten vernachlässigen lässt, mir schadet oder ich den Konsum immer mehr steigern muss, um noch Befriedigung zu spüren. Dass es dazu kommt, hängt zum einen damit zusammen, dass alle diese Dinge uns, beziehungsweise das Hirn und den Körper, glücklich machen. Verliebtheit, Liebe und Orgasmen aktivieren denselben Hirnmechanismus des Wünschens (Belohnungssystem im Hirn) wie Alkohol, Nikotin, Kokain und Heroin. Egal aus welcher Lustquelle, auf dem Gipfel der Lust schüttet der Körper eine Menge Dopamin aus, welches uns in einen Rausch der Euphorie versetzt. Und dieser Rausch kann uns abhängig machen.

Ein Mensch wird dabei nicht von der „Droge“ oder Handlung abhängig, sondern von dem Gefühls-, Erlebnis- oder Bewusstseinszustand, der Euphorie, die dadurch hervorgerufen wird. Die Entstehung einer Abhängigkeit ist eine schleichende, individuell verlaufende Entwicklung, die bestimmte Voraussetzungen braucht, und die Gründe dafür sind vielschichtig. Lange nicht jeder Mensch wird „süchtig“ nach dieser Euphorie, sondern der in sich ruhende Mensch geniesst und wird dadurch in seinen Bedürfnissen gestillt.

Einige persönliche Faktoren begünstigen eine dranghafte Entwicklung. Einsamkeit, unerfüllte Sehnsüchte, Selbstzweifel, Ablehnungserfahrungen, soziale oder moralische Konflikte fördern die Abhängigkeit, aber auch mangelnde Konfliktfähigkeit, instabiles Selbstwertgefühl, Störungen in der Beziehungsfähigkeit, geringe Frustrationstoleranz. Alles Einflussfaktoren, die besonders in der Pubertät die Gefühlswelt in Aufruhr versetzen und nach einer möglichen Beruhigungsquelle suchen lassen.

Dass Dich Deine Selbstbefriedigung in der Pubertät zu beunruhigen begann, könnte einfach darauf hinweisen, dass Dir die Häufigkeit der Selbstbefriedigung nicht mehr behagte. Denn eine Situation sollten wir dann ändern, wenn uns nicht mehr wohl ist damit. Wir beispielsweise das Gefühl haben, dass unser Verhalten uns nicht gut tut und es uns kein erfülltes Leben ermöglicht. Dir einen Weg mit Gott zu suchen, davon wieder loszukommen, war eine sinnvolle Problemlösungsstrategie. Daraus zu schliessen, Selbstbefriedigung an sich sei nicht gottgewollt, ist eine Frage der Interpretation. Und diese wiederum eine Frage des Wissens und der Kenntnisse, welche Dir wohl gefehlt haben.

Genauso ist die Frage nach der Leere eine der Interpretation. Die Nach-Orgasmus-Phase ist ein sehr sensibler Moment. Die Franzosen nennen den Orgasmus „la petite mort“ – der kleine Tod. Und einige Menschen beschreiben die damit verbundenen Gefühle als „komische innere Leere“. Menschen, die Selbstbefriedigung ablehnen, werden sagen, die Leere kommt von der Selbstbefriedigung. Ich würde Dir sagen, durch die Selbstbefriedigung kommst Du in einen hochsensiblen körperlichen und geistigen Zustand, in dem Dir Deine tiefsten Sehnsüchte ganz besonders bewusst werden und auch der Wunsch nach einem liebenden Gegenüber. Denn Sexualität bedeutet immer auch ein Stück weit, loszulassen, die Kontrolle zu verlieren, ungeschützt zu sein.

Das schlechte Gewissen in Bezug auf Gott ist eine Frage der Kondition, geprägt durch das, was man Dir zu Sexualität vermittelt oder eben auch nicht vermittelt hat und Deiner eigenen Schlussfolgerungen daraus. Wenn Du Dir erlauben kannst, die Selbststimulation zu geniessen, wird sich Dein Denken dazu verändern. Dann werden Du und Dein Körper lernen, dass gut ist, was sich gut anfühlt. Und somit sind wir wieder beim Drang angelangt. Dranghaftes Verhalten entwickelt sich vor allem dort, wo Menschen wenig Zugang zu ihrem Körper haben. Weil sie dadurch nicht lernen, den eigenen Körper zu genießen und auf diese Weise ihre sexuellen Sehnsüchte zu stillen.

Ich habe in der Beratung Menschen kennengelernt, deren Selbstbefriedigung eine unkontrollierbare Dimension angenommen hatte, weshalb sie erst einmal komplett damit aufhören wollten. Einige müssen vielleicht erst einmal ganz damit aufhören, andere aber gerade nicht, weil sie es dann besser schaffen, in einen Genussmodus hinein zu kommen. Ein sexueller Drang ist immer bestimmt durch einen Automatismus. Aus diesem müssen Menschen herauskommen in eine bewusste Handlung. Dafür müssen sie lernen, bewusst zu spüren und in die Langsamkeit hineinzukommen. Sie müssen lernen, ihr Genital zu explorieren, das heißt zu erkunden, statt es mechanisch und dranghaft zu stimulieren. Selbststimulation bewusst zu genießen, bringt viel eher einen selbstbestimmten Genuss und hilft besser, von einem unkontrollierbaren Drang wegzukommen. Erst wenn ich die Freiheit habe, etwas zu tun, habe ich auch die Freiheit, es zu lassen.

Liebe Mireille, ich hoffe, diese „Abhandlung“ hilft Dir, für Dich einen selbstbestimmten Weg mit dem ganzen Thema Selbstbefriedigung zu finden.

Herzliche - Veronika

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March 3, 2017

Martin Luther befreit den Sex und die Frau

by Veronika Schmidt in Aufklärung, Aufreger, Bibel, Ehesex, Ehe, Gleichberechtigung, Gott, keusch, Scheidung + Wiederheirat, Selbstverantwortung, Sexualität allgemein, Zusammenleben, 2017


bild: aus film "katharina luther"

bild: aus film "katharina luther"

bild: aus film "katharina luther"

bild: aus film "katharina luther"

Die Reformation hat die kirchliche Sexualethik verändert. Wenn auch sofort nur unmittelbar für die Frauen der Reformation und anhaltend erst mit den Jahrhunderten. Ohne die Reformation wären die Aufklärung, die Religionskritik und die veränderte Stellung von Frau und Sexualität nicht möglich geworden. Indem die "reformierten" Priester, angeregt durch Martin Luther, und schliesslich auch er selbst, Frauen ehelichten, war die reine Männerherrschaft der Kirche gebrochen. Noch konnte niemand ahnen, was das verändern würde. In Zürich heiratete Zwingli seine Anna Reinhart erstmal heimlich: "Wohl auch, weil er eine zentrale Figur der Reformation war und in Zürich nicht allzu schnell alles auf den Kopf stellen wollte." (Rebecca A. Giselbrecht - Buch "Hör nicht auf zu singen") Eine heimliche Heirat war eine Abmachung zwischen einem Mann und einer Frau und brauchte keine Zeugen und Rituale. Zwingli und Reinhart zogen zusammen. Zwei Jahre später, bei der offiziellen kirchlichen Trauung, war Anna hochschwanger.


Luther, der sexuelle Rebell, lernt aus der Natur und der Wissenschaft

Luther stellt sich gegen die Verleugnung und Unterdrückung der Sexualität durch die Kirche. Befriedigende Sexualität zwischen den Eheleuten ist für Luther ein wesentliches Fundament der Beziehung. Liebe und Lust gehören für ihn zusammen. Ein wichtiger Umstand spricht Luther zufolge dafür, dass die eheliche Sexualität gottgefällig ist: wegen der Unvermeidbarkeit und Unausweichlichkeit sexueller Erregung (Erregungsreflex) und dem Wunsch nach ihrer Befriedigung. Er erklärt „Fleisch und Blut“ vollumfänglich zum guten Teil der Schöpfung. Damit stellt er sich gegen die Lehren der Kirchenväter, die behaupteten, Sexualität oder zumindest die sexuelle Lust seien erst nach dem Fall Adams und Evas in die Welt gekommen. Doch Luther betont im „Grossen Katechismus“, die sexuellen Bedürfnisse und Wünsche seien bereits vor dem Sündenfall von Gott „eingepflanzt“ worden.

Deshalb bedeutet das Zölibat für Luther Zwang und Knechtschaft. Er nennt das Gelöbnis der Ehelosigkeit „Teufelswerk“. Das Zölibat sei mit der geforderten Freiheit des Christenmenschen unvereinbar. Er sieht es als vermessen, gottlos und unsinnig an, Keuschheit durch Gelübde zu versprechen. Bei all seinen Begründungen zieht Luther Kenntnisse der zeitgenössischen Naturwissenschaften bei, um seine exegetischen Aussagen anthropologisch zu erhärten. Luther liest im „Buch der Natur“, um die Richtigkeit seiner persönlichen Auslegung des Buches der Bücher plausibler zu machen. Luther hält es für seine Pflicht, mit jungen Menschen offen über sexuelle Dinge zu sprechen und auch heikle Ehefragen zu erörtern. Er will nicht durch Schweigen einer ungesunden Geschlechtsauffassung und falscher Schamhaftigkeit Vorschub leisten. Auch will Luther den Sex unter denen, die sich einander versprochen haben, nicht als Hurerei bezeichnet wissen. Denn er erhalte damit einen gewissen Grad an Legitimität. Dass die protestantischen Sittengerichte später eine besonders nachhaltige Verfolgung vorehelichen Beischlafs propagierten, kann demnach mit Sicherheit nicht auf Martin Luther zurückgeführt werden.

Luther erkennt gewisse physiologische Gesetzmässigkeiten, nämlich, dass die Kraft der Triebe in den Geschlechtern wirksam sei und sie zueinander treibe. „Wenn dies Gottes Ordnung ist, und wenn etwa ein Mädchen des Mannes ebenso wenig entbehren kann wie des Essens, Trinkens oder Schlafens, so ist es doch frevelhaft, sich dieser göttlichen Ordnung zu wiedersetzen.“ Durch ehelichen Verkehr könne Gott auch nicht dann beleidigt werden, wenn er an einem Sonntag stattfinde. Solche heute „humorvoll" anmutende Nebenbemerkungen haben ihren Ursprung natürlich darin, dass er anders lautende Auffassungen damit an den Pranger stellt. Er geisselt jene Vertreter, indem er ihnen entgegenwirft, dass sie gottlose Heuchler und Werkheilige seien, die glaubten, Gottes Gnade durch unreine und stinkende Werke erkaufen zu können. Zum Beispiel durch Wallfahren, Fasten, nächtliches Wachbleiben und zeitlich beschränkte sexuelle Enthaltsamkeit.

Lust ist ein Recht - Unlust ein Scheidungsgrund

Für Luther war die Sexualität in der Ehe auch nicht einfach an die Vermehrung geknüpft. Sie sollte aus wechselseitiger Lustverschaffung der Ehepartner bestehen. Luther hat durchaus nicht nur die Lust des Mannes in Blick sondern vor allem auch die Befriedigung der Frau. Für ihn ist die Lust der Frau dermassen entscheidend, dass er im Falle von Impotenz argumentiert,  falls der betroffene Mann keinerlei andere Praktiken der Lustverschaffung anwende, könne die Frau sich scheiden lassen. Vor allem, wenn der Frau dieser Zustand zuvor verschwiegen worden war. Wenn der Ehemann hingegen trotz Impotenz der Frau Lust verschaffen könne, sei er „ein rechter Ehemann“. Hingegen könne ein Mann seine Frau sexuell nicht befriedigen, solle er ihr die Erlaubnis geben, „in der Fremde“ einen Liebhaber zu nehmen, oder sie könne eine heimliche Ehe führen.

Neben der verunmöglichten Zeugung und Lustbefriedigung, der sexuellen Unlust eines Ehepartners oder Verweigerung der  (materiellen) Versorgung der eigenen Familien, ist für Luther vor allem Fremdgehen ein möglicher Grund für eine Scheidung. Wobei er zuerst rät, Versöhnung anzustreben. Luther geht mit einmaligem Fremdgehen moderat ins Gericht und hält in diesem Fall Vergebung für gerechtfertigt, weil es „mit uns allen gar leicht geschehen kann, dass wir fallen.“ Doch dürfe keiner der Ehepartner zur Vergebung gezwungen werden, wenn er es nicht will oder er es aus Ekel nicht tun könne. Oder Vergebung missbraucht würde, um erneut zu betrügen.

Auch in heftigen Streitfällen rät er zur Versöhnung. Doch sei die Differenz zwischen den Eheleuten zu gross, seien Eheleute derart in Streit geraten, dass sie ihr Zusammensein nicht länger ertragen könnten und jegliche Versöhnung ausgeschlossen sei, sollten „sie besser von einander den bey einander“ sein, solle die Ehe geschieden werden. Dabei spricht er auch davon, dass Bosheit und Streit zwischen den Ehepartnern nicht nur physisch, sondern auch seelisch brutal zu verletzen vermag.

Ehe hat ein Gütesiegel

Nach Luther sollte eine Ehe nach ihrer Qualität betrachtet und beurteilt werden. Nämlich, ob die Eheleute einander in „wahrer“ Liebe zugetan seien oder nicht. Dazu gehöre „Lust, Liebe und Freude“. Er formuliert auch einen Anspruch an den Durchhaltewillen: Derjenige, der darum wisse, dass Gott wolle, dass Menschen im Ehestand leben, Kinder hervorbringen und aufziehen, der habe selbst ein Wohlgefallen an diesem Stand trotz seiner Mühen.

Denn auch Luther bemerkte, dass nach einigen Ehejahren die Liebe und Sexualität an Kraft verliert: „Die Welt spricht von der Ehe: Eine kurze Freud und lange Unlust. Aber lass sie sprechen.“ Luther gibt zu bedenken, wer Gottes Wirken in der Ehe erkenne, der habe Lust, Liebe und Freude in der Ehe ohne Unterlass. Und zitiert Salomo: „Wer ein Weib findet, der findet was Gutes.“ Und plädiert für ein regelmässiges Sexleben: „In der Woche zwier, schaden weder ihm noch ihr, macht im Jahre hundertvier.“ Die „Luther-Regel“ entspricht laut Umfragen bis heute einer weltweiten durchschnittlichen Gewohnheit.

Wer also an der Liebe zweifelt, zweifelt nach Luther auch an der Macht Gottes.  Der Mensch habe selbst schuld, wenn er keine Liebe zu seinem Partner spüre. Dann sei sein Glaube zu schwach, weshalb er die Liebe nicht erkenne. Die Liebe zu Gott und zum Nächsten (Gemeinschaft, Kinder und Ehefrau) ist nach Luther die „wahre“ Liebe. Luther betont den hohen Wert eines harmonischen Zusammenlebens und einer liebevollen Gattenbeziehung vor Gott. Diese Liebe denke gegenüber dem anderen nur das Beste und sei nicht argwöhnisch.

Ehe, Scheidung, Wiederheirat, sexuelle Verantwortung

An Luthers Ausführungen über Ehe, Scheidung und Wiederheirat ist vor allem bemerkenswert, dass Luther darauf verweist, „die Ordnung der Ehe als eines 'Weltlichen Dings' sei allein eine staatliche Aufgabe. Grundsätzlich obliege die Angelegenheit der Ehe wie der Ehescheidung der weltlichen Obrigkeit, ihrer Gesetzgebung und Rechtsprechung. Luther macht deutlich, dass die Regelung des Ehestandes nicht in den Bereich der Kirchenordnung fällt und schon gar nicht „zur Seligkeit“ nötig sei. Die Kirche hätte dagegen die Aufgabe, die Eheschliessung und die Ehe zu segnen.

Luther betont, es existiere kein kirchliches Lehrgebäude mehr, das dem Gläubigen die Entscheidungen um die richtigen Vorgehensweisen beim Sex abnehmen könne. Er trage nunmehr auch in Fragen der Sexualität die Verantwortung vor Gott allein. Der richtige Umgang mit dem Sex wird damit zu einer individuellen Gewissensentscheidung. Luther formuliert keine konkrete Verhaltensanweisungen zum Sex und spart Aussagen zum vorehelichen Sex aus. Das Wesentliche ist die Liebe zu Gott, das rechte Verhalten wird sich aus ihr ergeben. Damit wird es auch überflüssig, der Gemeinde die genaue Gestalt der Sünden zu erläutern. Das Sprechen von intimen Vorgängen im Ehebett ist für Luther überflüssig geworden, weil jede sexuelle Handlung in der Ehe unter dem besonderen Schutz steht, den Gott dieser Lebensform angedeihen lässt.

Luthers Schriftauslegung sieht keine wortwörtliche Wahrheitsaussagen und Handlungsanleitungen der Bibeltexte vor. Nach Luther dient der biblische Wortlaut vielmehr dazu, die „Sache“ des Evangeliums zu vermitteln. „Sache“ des Evangeliums ist nach Luther die Zuwendung Gottes zu seiner Schöpfung in Jesus Christus durch den Heiligen Geist.  Diese Liebe Gottes ist Grund des Glaubens.

So ging es weiter in der Geschichte der Sexualität

Luthers Gedankengänge auf den Punkt gebracht, wäre der eheliche Sex „göttlich“, „selig“ und „heilig“. Selbst hat er das nie so gesagt, doch diese Haltung wurde zum Repertoire der protestantischen Kanzelrhetorik. Der eheliche Sex selbst wird zum Dienst an Gott. In der Folge nimmt danach das „Loblied“ auf den Sex zuweilen hymnische Züge an…

Daneben hat sich die „problemorientierte“ Sprache der „alten“ Kirche zu Sexualität auch in der protestantischen Seelsorge und der Predigtliteratur fortgeführt. Aufklärende Schriften werden für Heranwachsende als untauglich abgelehnt. Das Seelenheil sollte nicht mit üppigem Schmuck und modischer Kleidung aufs Spiel gesetzt werden. Böse Gesellschaften, unzüchtige „Örter“, Hurengelage, Vollsaufen, Nachtgetanze und böses Geschwätz sollten nach Möglichkeit gemieden werden.

Bei allem Fortschritt durch Luther bleiben bis in die Neuzeit die überkommenen Anschauungen über die Sexualität weitgehend bestehen. Auch gilt alle Aufmerksamkeit nach wie vor mehr den vorehelichen Verfehlungen als den ehelichen. Dass „Lust & Liebe“ zu einer Ehe dazugehören, hat die christliche Sexual- und Ehelehre lange nicht vertreten, finden sich keine Ausführungen, die eine emotionale Bindung mittels der Lust für Eheleute als wünschenswert darstellen. Im Gegenteil sieht man darin schon gefährliche Vorstufen der tödlichen Fallstricke des Fleisches. Die Sprache und die inhaltlichen Botschaften der moralischen Eiferer haben sich hüben und drüben und durch die Zeiten hindurch letztlich nicht verändert.


Quellen:

Zweiter Sammelband über Zinzendorf,  von Erich Beyreuther, Gerhard Meyer, Georg Olms Verlag Hildesheim . New York, Internetauszug

Unkeuschheit und Werk der Liebe: Diskurse über Sexualität am Beginn der Neuzeit in Deutschland, von Tilmann Walter de Gruyter, Kapitel "Die Theologie und die Sexualität", Internetauszug

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