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Liebesbegehren – Veronika Schmidt

September 15, 2017

ER WILL SEX - ICH NOCH NICHT

by Veronika Schmidt in Partnerwahl, Selbstverantwortung, Sex vor der Ehe, 2017


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Liebe Veronika

Mein Freund und ich sind seit bald zwei Jahren ein Paar, und für uns beide ist es die erste Beziehung. Bezüglich unserem Wunsch nach Sexualität haben wir sehr unterschiedliche Ansichten: Noch bevor wir ein Paar wurden, habe ich mit ihm über Sexualität gesprochen und ihm gesagt, dass ich keinen Sex vor der Ehe möchte - nicht, weil mir das irgendwer eingeprügelt hat, sondern weil ich mir für körperliche Intimität einen verbindlichen Rahmen wünsche. Mir ist schon klar, dass eine Ehe keine Garantie für befriedigende Sexualität bietet. Aber ich stelle mir doch vor, dass ein Eheversprechen bedeutet, sein Bestes dafür zu geben, und dieses Versprechen wünsche ich mir doch. Mein Freund, der nicht im engeren Sinn freikirchlich-gläubig ist, sieht das zwar anders, respektierte aber bisher meinen Wunsch.

Doch mit der Zeit gelangten wir in erotische Grauzonen, weil ich einerseits durch unsere Beziehung entdeckte, wie schön physische Intimität sein kann, andererseits hatte er doch zunehmend das Bedürfnis nach Sex. Nun hat sich unser Konflikt zugespitzt: Er sehnt sich nach Sex und ich stosse an meine Grenzen. Er vergleicht sein Bedürfnis nach Sex mit meinem Bedürfnis nach Kuscheln. Diese Argumentation kann ich nachvollziehen und finde es auch sehr stark von ihm, dass er seit zwei Jahren verzichtet. Aber Sex zu haben widerspricht meiner Ansicht. Heiraten ist für uns keine Option. Wir sind beide noch im Studium und wollen nicht einfach des Sexes wegen heiraten.

Ich habe Angst davor, dass, wenn wir Sex hätten, wir nie heiraten, denn dann hätte er ja alles, was er wollte, dann wäre heiraten ja total überflüssig. Er widerspricht dem zwar, aber ich weiss nicht, ob das stimmen würde. Du siehst, wir stecken etwas in der Klemme... Ich möchte nicht einfach Sex haben, damit wir zusammenbleiben, aber ich möchte mit ihm zusammenbleiben. Hast Du eine Idee, wie wir hier auf einen gemeinsamen Nenner kommen können?

Herzlich, Lilly, 23 Jahre


Liebe Lilly

Auf einen gemeinsamen Nenner kommt Ihr nur, indem Ihr Euch gemeinsam mit diesem Thema befasst und darüber sprecht. Auch darüber, wie es Euch geht damit. Als Beispiel möchte ich einen Deiner letzten Sätze aufgreifen: „Ich habe Angst davor, dass, wenn wir Sex hätten, wir nie heiraten, denn dann hätte er ja alles, was er wollte, dann wäre heiraten ja total überflüssig.” Findest Du nicht auch, dass das eine etwas unfaire Annahme ist? Das würde ja heissen, es geht Deinem Freund nur um Sex und überhaupt nicht um Eure Beziehung. Viele Frauen denken leider so, und oft wurde ihnen das (von Frauen) im Elternhaus vermittelt. Nämlich, dass Männer nur das Eine wollen. Doch das ist ein sexistisches Männerbild.

Sexualität ist nur ein Teil des Beziehungsaspekts. Ich nehme an, Dein Freund ist aus ganz anderen Gründen mit Dir zusammen, sonst würde er wohl nicht freiwillig auf Sex verzichten. Man kann die Liebe, um die es in einer Paarbeziehung geht und von der sie lebt, in drei „Teil-Lieben“ unterteilen: In eine partnerschaftliche, eine erotische und eine freundschaftliche. Zwar sind sie nicht immer gleich gross und gleich intensiv zu leben und zu erleben. Das wechselt sich immer wieder etwas ab. Und nichts davon geschieht einfach so, ohne Investition. Doch wir wünschen uns, alle diese drei Teile in einer Beziehung auszuleben. 

Ich weiss nicht, ob Du meine Bücher gelesen hast (was ich Dir empfehlen würde). Darin beschreibe ich u.a., dass der Weg des Mannes, Liebe zu zeigen und Liebe zu spüren, über die Sexualität geht. Der Weg der Frauen hingegen geht über die romantischen Gefühle hin zum Sex. Dein Freund gibt diesem seinem Bedürfnis Ausdruck. Er möchte seine Liebe zu Dir über den Sex spüren. Du hingegen bist ganz zufrieden ohne Sex. Ich habe nicht wenige Frauen kennen gelernt, die auch später lieber bei der Romantik bleiben und gar keinen Spass am Sex entwickeln (wollen). Das ist natürlich für die Männer sehr frustrierend. Also achte Dich einmal darauf, wie stark Dein sexuelles Begehren wirklich ist. Ich habe viele Paare in der Beratung erlebt, die dachten, bis zur Ehe mit dem Sex zu warten, sei doch ganz einfach, Sie hätten keine Probleme damit. Doch danach stellten sie in der Ehe fest, dass sie grundsätzlich keine grosse Sehnsucht nach Sex hatten, was ihnen das Sex- und Eheleben ziemlich vermieste.

Ich weiss nicht, was für einen Zeithorizont Du mit Warten auf Eure erotische Beziehung hast, aber es tönt nicht, als wäre das absehbar. Dass das für Deinen Freund schwierig wird, kann ich gut nachvollziehen, vor allem, weil er ja nicht die „fromme Lehrmeinung" dazu intus hat. Damit bringt ihr Euch beide in ein Dilemma, das vielleicht später auch andere Lebensbereiche betreffen könnte. Glaube oder Religion ist nicht einfach ein Accessoire, sondern ein Lebensstil. Im Moment möchtest Du diesen Lebensstil zum Massstab Eurer Beziehung machen. Die Frage ist, kann das gut gehen, so allein von Dir bestimmt. Diesen Kompromiss geht Dein Freund vermutlich ein, weil er Dich auf keinen Fall verlieren will – und gerade eben NICHT, weil er es nur auf den Sex abgesehen hat. Genauso gut, wie er vielleicht nicht heiraten will, wenn er Sex haben kann, könnte er Dich auch verlassen, weil er noch Jahre keinen Sex haben darf.

Wer nur wegen dem Sex heiratet, ja, der sollte das Heiraten tatsächlich lieber bleiben lassen. Denn Sex allein wird keine Ehe stabil machen. Sex hat zudem die Tendenz, nach der ersten Euphorie schnell weniger zu werden, wenn man nicht dran bleibt. Heiraten tut man, weil man einen Menschen gefunden hat, mit dem man das Leben teilen und ihm möglichst oft nahe sein will. Mit dem man ein gutes Team sein will. Man will ihn heiraten, weil er der Mensch ist, der einen selbst zu einem besseren Menschen macht. Und Intimität gehört irgendwann ganz logisch mit dazu und macht ein Paar erst zu einem Paar, im Unterschied zu Freunden.

Ich will, darf und kann Dich nicht zu Sex ermutigen. Ich will, darf und kann Dich auch nicht davon abhalten. Das müsst Ihr beide ganz allein in eigener Verantwortung zusammen klären. Ihr könnt Euch durch die entsprechenden Blogs von mir lesen und diesen Vortrag von Sigfried Zimmer hören. Davon ausgehend wünsche ich Euch gute Gespräche und eine gute Auseinandersetzung mit Eurem Thema.

Herzliche Grüsse - Veronika

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February 3, 2017

Beim Schmusen einen Orgasmus

by Veronika Schmidt in Aufreger, Liebe, Lust, Orgasmus, Selbstverantwortung, Sex vor der Ehe, 2017


bild: marc chagall - das hohelied I - 1960 - öl - vg bild-kunst - bonn 2015

bild: marc chagall - das hohelied I - 1960 - öl - vg bild-kunst - bonn 2015

bild: marc chagall - das hohelied I - 1960 - öl - vg bild-kunst - bonn 2015

bild: marc chagall - das hohelied I - 1960 - öl - vg bild-kunst - bonn 2015

Liebe Veronika

Ich bin mit einem äusserst liebevollen, wunderbaren Mann verlobt und wir werden dieses Jahr heiraten. Er ist unglaublich zärtlich, aufmerksam und entgegenkommend. Wir beide sind 25 Jahre alt, noch im Studium, in der Gemeinde aktiv und hatten vorher noch nie eine Beziehung. Konservativ aufgewachsen, wollen wir mit dem Sex warten und übernachten auch nicht beieinander. Wir sind beide sehr leidenschaftlich, voller Neugier und so kam es, dass mein Verlobter beim Schmusen schon Orgasmen hatte, obwohl wir weder nackt waren, noch uns "unten" berührten. Nun sind wir doch etwas nachdenklich geworden, was das nun für uns heisst. Sollten wir mehr auf Distanz gehen und lernen, mehr Geduld zu üben? Wir sehen uns nicht so oft, weshalb dann natürlich eine geballte Ladung Leidenschaft und Liebe da ist. Ich bin an dieser Situation nicht ganz unschuldig: Ich mag es, mich zu schminken, mich für ihn schön zu machen und ziehe mich auch weiblich und sexy an.

Ich möchte von ganzem Herzen Gott dienen. Ich habe mir immer vorgestellt, wie ich mich verhalten würde, wenn ich einen Mann kennen lerne. Und jetzt ist alles so anders. Ich vertrat die Haltung, das Körperliche müsse zusammen mit der Kommunikation wachsen. Das ist bei uns auch so. Wir engagieren uns, gehen unter die Leute, führen stundenlange Gespräche, das gibt allem eine wunderbare Tiefe. Aber irgendwie habe ich mir nie vorgestellt, wie sich das alles anfühlen würde.

Deshalb frage ich dich: Was empfiehlst du uns, damit unsere Sexualität „rein“ und „göttlich“ bleibt? Ich freue mich sehr auf deine Antwort! Ganz lieber Gruss, Simea


Liebe Simea

Hach, in was für einer aufregend schönen Zeit Ihr Euch befindet! Geniesst diese Momente aus ganzem Herzen, denn sie werden nicht mehr wiederkommen. Es ist die Zeit der Unschuld voller Erotik, das Hohelied lässt grüssen. Diese aufregende Phase erleben heute nicht mehr viele Menschen. Die einen nicht, weil sie sofort Sex haben, die anderen, weil sie daraus die ganze Erotik verbannen. Geniesst Eure geballte Ladung Leidenschaft und Liebe und lasst sie Euch nicht durch Schuldgefühle verderben. Versucht möglichst viel davon in Eure Ehe mitzunehmen und lasst Euch von niemandem ein schlechtes Gewissen einreden. Seid unbeschwert, wenn auch nicht leichtsinnig.

Das Eure Körper so ekstatisch reagieren, habt Ihr den Hormonen zu verdanken, welche die Verliebtheit freisetzt. Diese werden sich mit der Zeit wieder beruhigen. Dass Dein Verlobter so schnell reagiert, hat auch mit seiner Erregbarkeit zu tun. Die ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Hormone spielen eine Rolle, die Körpersensibilität und natürlich das Alter. Junge Männer sind mehr erregbar als alte, Männer mehr als Frauen. Ein Paar suchte bei mir Rat, da löste Schmusen bei beiden Orgasmen aus. Diesen riet ich, sie sollten sich freuen über  ihre funktionierende Sexualität. Weil ich zu viele christliche Paare sehe, wo es das nicht tut. Du beschreibst, dass Ihr jeweils sehr aufgeregt seid, Euch wieder zu sehen. Ein solcher Zustand ist oft mit hoher körperlicher Spannung verbunden, was in einem erregten Körper oft ungewollt den Orgasmus auslöst. Das ist beim Sexakt dann eher unerwünscht, weil der Mann so zu schnell kommt. Aus meinem Buch könnt Ihr lernen, wie man sich in der Erregung mit Beckenschaukel und Atmen entspannt und so die Erregung kontrollieren kann.

Menschen fragen mich immer wieder, wie weit sie gehen können, damit es noch nicht Sex ist. Persönlich finde ich das eine heuchlerische Frage. Denn sie fragt mehr danach, ein Gesetz einzuhalten und sich dann damit zu brüsten, anstatt zu überlegen, was die Liebe uns raten würde. Rein und göttlich, wie du fragst, ist für mich das Liebesgebot. Das beinhaltet auf der einen Seite zu fragen, was Fürsorge tun würde, wenn sie das Beste für einen selbst und den Liebespartner sucht. Also solltet Ihr Euch vor allem gegenseitig und selbst fragen, wie wohl Euch bei Eurem Tun ist in Bezug auf Eure eigenen Grenzen und Vorstellungen. Und auf der anderen Seite könnt Ihre Euch danach fragen, wie Ihr als Vorbilder leben wollt. Ein unverkrampftes und reflektiertes Verhältnis zu Sexualität hat definitiv Vorbildwirkung und erfüllt auch das Liebesgebot.

Die Formen des Kennenlernens und der Umgang der Geschlechter in unserer heutigen Lebenswelt unterscheiden sich fundamental von den Gewohnheiten früherer Generationen. Lange Ausbildungszeiten, jahrelanges „Gehen miteinander“, lange Verlobungszeiten, späte Heiraten, sich im Privatbereich des anderen aufhalten, das alles war in den prüden Jahrhunderten vor uns unvorstellbar, aber heute völlig normal. In König Davids Zeiten und denen im Neuen Testament, auf die wir uns mit Schriftstellen berufen, heirateten Frauen mit 13 Jahren und Männer mit 17 Jahren, mit der damaligen Geschlechtsreife. Deshalb ist es für uns heute so schwierig, wenn wir vorbei an unserer heutigen Lebenswelt, verbindliche sexuelle Verhaltensnormen für die Gemeinde formulieren wollen. Für mich sollten sich biblische und göttliche Richtlinien durchaus auch an der gelebten Lebensrealität und Lebenswelt orientieren.

Sich erotisch aneinander zu erfreuen war offenbar zu Zeiten Salomos normal. Vielleicht traf man sich nicht im Haus oder Zelt, aber in der weiten Natur. Konservative Bibelausleger behaupten ja immer, die Texte des Hohelieds sprächen über verheiratete Paare. Für mich macht das wenig Sinn. Denn wie sollte eine verliebte Frau ihren verheirateten Partner in den Gassen der Stadt suchen, oder ein sehnsuchtsvoller Liebhaber an die Haustüre seiner Ehefrau klopfen? Weshalb sollten sie Liebesstunden im Weinberg verbringen? Ausser zur Abwechslung? Vor 500 Jahren, zur Zeit der Reformation, war es zum Beispiel völlig normal, dass Verlobte bereits zusammen wohnten. Jedermann ging davon aus, dass diese Paare Sex hatten. So lebte auch Katharina von Bora zur Verlobungszeit bereits mit Luther zusammen. Er schreibt darüber, dass es ihnen beiden sehr wichtig war, bis zur Hochzeit zwar das Kissen zu teilen, nicht aber den Körper. Ob Luther unverhofft trotzdem einen Orgasmus hatte, ist nicht bekannt. Aber bekannt ist, dass er zu sämtlichen Körperausscheidungen und Körperreaktionen ein unverkrampftes Verhältnis hatte.

Ich weiss, ich definiere an verschiedenen Stellen „Sex haben“ mit sich gegenseitig zum Orgasmus stimulieren, was Euch irritieren mag. Das heisst nicht, dass ihr nun Sex hattet. Die eigentliche Definition von „Sex haben“, „Liebe machen“, „Miteinander schlafen“ ist Geschlechtsverkehr im Sinne von Vaginalverkehr. Selbst Wikipedia hat diese Definition aber erweitert, weil sich Sex eben nicht einfach nur auf Geschlechtsverkehr reduzieren lässt. Ich mache diese Definition, weil viele junge Christen behaupten, sie hätten keinen Sex, aber Petting, Oralverkehr und Analverkehr praktizieren. Was eigentlich gar niemanden etwas angeht, ausser dem Paar. Aber wenn sie es trotzdem an die grosse Glocke hängen, das Warten, dann finde ich das unethisch. Und das wiederum sage ich nicht, um Euch zu Sex zu ermutigen. Ihr werdet bald heiraten. Erwartung und Vorfreude ist etwas Wunderbares. Kostet es aus. Bereitet Euch jedes für sich selbst auf Euren ersten Sex vor und erwartet nicht, dass es gleich perfekt ist.

Und noch einmal – geniesst diese aufregende und wunderbare Zeit! Herzliche Grüsse – Veronika

Link zum Thema: Vorlesung von Sigfried Zimmer „Christliche Sexualethik – der Unterschied in den Paarbeziehungen zwischen antiken und modernen Gesellschaften“. 
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January 27, 2017

Wie definierst Du Unzucht?

by Veronika Schmidt in Aufreger, Bibel, Selbstverantwortung, Sex vor der Ehe, Sünde, Unzucht, 2017


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Liebe Veronika

Ich habe eine wundervolle Beziehung mit einem wundervollen Freund. Wir sind beide gläubig, trotzdem war es bald mit dem Warten vorbei – ein wenig zu schnell, aber daran bin ich auch nicht unschuldig. Jedenfalls habe ich mich lange mit dem Thema Sex vor der Ehe befasst und bin auch über Deinen Blog gestolpert. Ich bewundere Deine Arbeit und Du sprichst mir voll aus dem Herzen.

Mein Problem ist, ich gehe in eine Kleingruppe, in der die Bibel seit neustem sehr wörtlich vermittelt wird. Einerseits ist das ja gut, aber ich mag es nicht, "niedergebibelt" zu werden. Und es gehen mir schnell die Argumente aus, wenn es immer heisst, es steht ja so in der Bibel. Mein Standpunkt zum Thema Sex vor der Ehe ist für mich eigentlich geklärt. Doch weil ich mir anhören muss, dass Sex vor der Ehe Unzucht ist, und dass man sich von seinen fleischlichen Begierden abwenden soll, würde ich doch gerne von Dir wissen, wie Du Unzucht definierst und was Du zu den fleischlichen Begierden sagst?

Viele Grüsse Carla, 22 Jahre


Liebe Carla

Ja, das ist eine heisse Frage. In Bezug auf Sex vor der Ehe werden abwechslungsweise die Begriffe „Unzucht“ und „Ehebruch“ herbeigezogen. Die einen argumentieren bei Letzterem, Sex vor der Ehe sei Ehebruch am zukünftigen Partner. Das liesse sich eigentlich nur mit einem jungfräulichen und jungmännlichen Gebot rechtfertigen, aber das gibt es so in der Bibel nicht. In der Sündenaufzählung in Mth. 15,19 kommen beide vor, Unzucht und Ehebruch: „Denn aus dem Herzen kommen hervor böse Gedanken: Mord, Ehebruch, Unzucht (genau: Hurereien), Diebstahl, falsche Zeugnisse, Lästerungen;“

Obwohl Du nur nach Unzucht fragst, nehme ich den Ehebruch mit dazu, weil es mir die Argumentation erleichtert. Das griechische Wort Porneia wird als Unzucht, Hurerei oder Prostitution übersetzt, und meint, im aus dem Wort abgeleiteten Sinn, die Liebe, die man kaufen oder verkaufen kann, oder meint auch unerlaubten oder unmoralischen Geschlechtsverkehr oder entsprechende sexuelle Beziehungen. Zur Zeit der Apostel herrschten in der griechisch-römischen Welt chaotische Sittenlosigkeit und Unmoral. Ehefrauen waren nicht für die sexuelle Lust da, sondern um legitime Kinder zu zeugen und den Haushalt vertrauenswürdig zu führen. Für den Rest hielt man sich Mätressen, Konkubinen oder Lustknaben und ging zu Prostituierten (oft mit der Religion verbunden im Tempel).

Was Paulus schockierte, war die Tatsache, dass sich die Korinther darüber nicht entsetzten und in den eigenen Reihen sexuelle Unordnung duldeten (1. Kor. 5,1). Deshalb wohl beginnt Paulus seine Aufzählung der Werke des Fleisches* mit den sexuellen Sünden. Er bringt mit dem Christentum eine ganz neue Moral der gelebten Reinheit. Paulus zeigt eine höhere Lebensform auf. Der Christ soll sich völlig von porneia enthalten (1. Tess. 4,3), er muss sie fliehen (1. Kor. 6,18), er muss ihre Werke abtöten (Kol. 3,5), er sündigt damit gegen seinen eigenen Körper (1. Kor. 6,18), welcher nicht der Unzucht sondern Gott gehört (1. Kor. 6,13).

Den Ehebruch brauche ich nicht zu erklären. Höchstens in dem Sinne, dass ich darunter einen grundsätzlichen Treuebruch oder Betrug verstehe. So gesehen kann dieser Bruch nicht nur sexueller Natur sein, sondern auch beinhalten, dass man mit einer anderen Person intimste Emotionen und Empfindungen teilt, nicht aber mit dem Partner. Es wäre sogar denkbar, dass jede Form von Betrug darunter fällt, zum Beispiel auch grobe finanzielle Verfehlungen ohne Wissen des Partners.

  • Unzucht ist jede Form von ungeordnetem Sex. Gekauft, verkauft, aber auch unbezahlter Geschlechtsverkehr ohne jegliche Verbindlichkeit. Ich würde dazu definieren: jeder Art von Sex, die mir oder jemand anderem Schaden zufügt. 
  • Ehebruch ist ein sexueller oder emotionaler Treuebruch in einer verbindlichen Beziehung oder in eine verbindliche Beziehung hinein. Indem die Person entweder Unzucht betreibt oder sich auf sexuelle oder emotional intime Weise auf eine andere vertraute Beziehung einlässt.
  • (Fleischliche) Begierden meint nach meinem Dafürhalten „Sucht“: Abhängigkeit, Drang, Gier, Laster, Lust. Das kann Sex, aber auch andere Dinge betreffen.

Meiner Meinung nach ist nichts von alledem gerechtfertigt, um auf „Sex vor der Ehe“ in einer verbindlichen Beziehung angewendet zu werden. Aber auf die verbindliche Beziehung selbst. In einer Beziehung zu sein, aber nicht verheiratet, legitimiert weder Unzucht noch Beziehungsbruch. Untreue betrifft jede Art von verbindlicher Beziehung. In der heutigen Lebenswelt ist Sexualität vom Gesetz her geregelt und entsprechend legitimiert, deshalb treffen weder Ehebruch, Unzucht, Hurerei, Prostitution noch die Definition „unerlaubt oder unmoralisch“ in irgendeiner Weise auf „Sex vor der Ehe“ zu.

Doch eine Gemeinde könnte auf der entsprechenden „Hausregel“ bestehen, weil jede Organisation sich eigene Regeln gibt. Das bedeutet, eine Gemeinde kann für sich die Regel aufstellen, sie möchte beispielsweise keine Personen auf der Bühne oder in Leiterschaft haben, die im Konkubinat leben. Eine ähnliche Regel aufzustellen in Bezug auf „Sex haben“, dürfte bereits schwierig werden, weil unter die Bettdecke der Menschen zu schauen schon recht grenzwertig ist. Sie könnte höchstens aufgrund von Eigendeklaration durchgesetzt werden.

In der heutigen Lebenswelt lassen sich Lebensformen der biblischen Zeit nicht mehr einfach als „göttlich gegeben“ begründen. Auch kommt es sehr auf die speziellen Lebensumstände und die Lebensphase eines Paares drauf an. Ein Paar sollte in Eigenverantwortung selbst über sein Sexleben bestimmen. Dennoch können wir aus der Bibel „Verzicht auf Sex vor der Ehe“ als hilfreichen Rat für eine Beziehung herauslesen. Und ich würde nie einem Paar raten, Sex zu haben, das für sich die Sexualität für die Ehe aufsparen möchte. Aber ich würde ihm raten, sich sexuell zu entwickeln und sich auf die Paarsexualität vorzubereiten.

Liebe Carla, über den folgenden Link könnt Ihr Euch auf eine der Lebenswelt angepasste Weise mit Sexualität und Glauben auseinandersetzten: Vorlesung von Sigfried Zimmer zum Thema „Christliche Sexualethik – der Unterschied in den Paarbeziehungen zwischen antiken und modernen Gesellschaften“. (Achtung - Explosiv)

Herzliche Grüsse - Veronika

*Galater 5,19-21: „Offenbar aber sind die Werke des Fleisches; es sind: Unzucht (Hurereien), Unreinheit, Ausschweifung, Götzendienst, Zauberei, Feindschaften, Streit, Eifersucht, Zornausbrüche, Selbstsüchteleien, Zwistigkeiten, Parteiungen (genau: Sekten), Neidereien, Trinkgelage (genau: "Räusche" – egal mit welchen Substanzen herbeigeführt), Völlereien und dergleichen. Von diesen sage ich euch im Voraus, so wie ich vorher sagte, dass die, die so etwas tun, das Reich Gottes nicht erben werden.“

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November 4, 2016

Die "Warten"-Lüge

by Veronika Schmidt in Aufklärung, Aufreger, Bibel, das erste Mal, Gleichberechtigung, Selbstgefühl & Selbstwert, Selbstverantwortung, Sex vor der Ehe, Sünde, Zusammenleben, 2017


foto: liebesbegehren

foto: liebesbegehren

foto: liebesbegehren

foto: liebesbegehren

Immer wieder komme ich mit jungen Erwachsenen ins Gespräch über ihr Warten mit dem Sex. Davon, dass sie warten, sind sie fest überzeugt. Sprechen wir dann aber weiter, kommt schnell heraus, dass sie nicht nur schmusen, kuscheln, küssen und zärtlich sind, sondern dass sie nackt und mit allem Drum und Dran Liebesspiele bis zum Orgasmus haben. Also, alles – nur nicht „richtigen“ Geschlechtsverkehr.

Zu dieser frommen Wartetechnik inklusive Analverkehr gibt es ganz böse Filmchen aus den USA im Netz. Nur war mir bisher nicht bewusst, dass selbst ernsthafte Christen in Europa inzwischen glauben, die „Warte-Barriere“ bestehe einzig und allein beim Scheideneingang.


Ich fragte eine 28jährige Frau, wie sie denn darauf komme, dass richtiger Sex erst beim Geschlechtsverkehr beginne. Und ich fragte sie, weshalb, wenn sie doch als Paar das alles schon täten, sie denn nicht grad richtig Sex hätten. Ausser natürlich vielleicht um nicht schwanger zu werden. Kann man übrigens trotzdem, wenn man nicht aufpasst. Davor erörterten wir, weshalb ihre Art Sex zu haben oder eben ihre Art Nicht-Sex zu haben bei ihnen beiden bereits einige sexuelle Störungen zeigt und für ein späteres lustvolles Voll-Sex-Leben hinderlich sein könnte.

Die Frau erklärte mir, dass wenn sie richtigen Geschlechtsverkehr habe, sie ja quasi den Ehebund vor Gott besiegeln würde, weil dann das Blut vom Hymen fliesse. Davor aber sei es das eben nicht. Das war nicht allein ihre Meinung, sondern offenbar das aller ihrer Freundinnen. Und das gaben sie auch so anderen weiter. Also Blut gleich Bund.  Dazu schrieb ich schon mal was in "Du hebelst grundlegende Ordnungen Gottes aus". Ich war total perplex. Ich dachte echt, solche Geschichten seien vor allem Internet-Stories aus Amerika. Wie zum Beispiel die, dass eine junge Frau ihrem Vater an der Hochzeit ein Zertifikat vom Arzt überreichte, welches ihr noch intaktes Hymen bezeugte. Dass das intakte Hymen ein absolutes Muss ist, hören wir zu genüge von jungen Musliminnen. Auch diese haben Analverkehr, um das Hymen intakt zu halten. Die chirurgische Wiederherstellung des Jungfernhäutchens boomt. Im Internet kann man Jungfernhäutchen-Attrappen mit Blut bestellen, die man in der Hochzeitsnacht einführt. Diese Frau erzählte mir dann auch, dass sie selbst mit dabei war an einem Seminar in den USA, wo über ihrer Gruppe von Frauen gebetet wurde, dass ihre Hymen wieder hergestellt werden.

Ich wollte von ihr wissen, ob sie das denn nachkontrolliert habe. Eine andere Frau erzählte mir mal, weil ich ihr dieselbe Frage stellte, sie hätte nicht nachgeschaut, aber sie hätte starke Schmerzen später beim ersten Sex mit ihrem Mann gehabt und es hätte auch etwas geblutet. Eine Vagina, die „nicht gebraucht“ wird, verengt sich wieder und kann beim ersten Sex nach langer Abstinenz schmerzen. Sex kann auch einfach schmerzen, weil die Muskeln angespannt sind, was bei Nervosität durchaus der Fall ist. Blut kann auch wegen einer kleinen Hautverletzung durch die ungewohnte Reibung fliessen. Gynäkologisch gesehen lässt ein wie auch immer aussehendes Hymen nicht auf Sex schliessen und auch nicht auf keinen Sex. Auch nicht eine Blutung. Abgesehen davon gibt es auch Frauen, die überhaupt kein Hymen haben. Von gar nicht vorhanden bis so dick und fest, dass es vom Arzt geöffnet werden muss - es gibt einfach alles. Unter diesem Link findet Ihr alles Wissenswerte zum Jungfernhäutchen.

Dieser heilige Gral des Jungfernhäutchens – er ist einfach nur Humbug. Unbiblische Mythologie. Es braucht überhaupt kein Blutzeichen. Zur Erinnerung – das Opfer ist vollbracht! Und sowieso nähme mich noch Wunder, wo denn dann das überprüfbare heilige Gralszeichen der Jungfräulichkeit des Mannes ist. Es kann doch nicht unser Ernst sein, dass Gott sowas wichtig sein soll. Es geht doch um ganz andere Dinge.

Frauen brauchen für ihren Selbstwert und ihr Selbstgefühl kein „intaktes“ Jungfernhäutchen, und schon gar nicht als Rechtfertigung für ihre Würde. Sondern sie brauchen zu wissen, wer sie sind und welchen Stand sie haben in Gott. Und sie sollten sich behaupten können, wenn sie gar keinen Sex wollen, er aber unbedingt schon. Die Mythologie um das Hymen hat mit magischem Denken zu tun und gar nichts mit befreiendem Glauben. Es hat auch gar nichts mit Aufklärung zu tun. Statt uns aufs Hymen zu stürzen, sollten wir junge Menschen über Sex aufklären. In Workshops zum Umgang mit Sexualität gehören Informationen zur Sexualität, zum Körper, zur sexuellen Entwicklung, wie man mit sexuellen Sehnsüchten umgeht, wie man Verantwortung und Eigenverantwortung entwickelt, sexuelle Selbstsicherheit und ein gutes Selbstgefühl usw. Da wäre so viel möglich, was junge Menschen echt wissen möchten. Aber dafür muss man sich dieses Wissen erst aneignen. Um Verhaltenscodexe und Hymen-Mythen zu predigen braucht man kein Wissen über Sexualität, tut aber so, als wisse man Bescheid.

Ein junger Mann fragte mich neulich ebenfalls danach, was warten heisst, und meinte: Aber man kann doch auch angezogen einen Orgasmus haben, ist denn das o.k.? Dieser Mann möchte wie viele andere die Grenze bis zum Äussersten ausreizen. Natürlich kann man das. Aber meiner Ansicht nach hat das nichts mit warten zu tun. Warten hat etwas mit Verzicht zu tun. In diesem Fall mit verzichten auf Sex. Sprich, auf sexuelle Befriedigung zusammen mit einem anderen Menschen. Was junge Menschen heute tun, ist warten ohne zu verzichten. Das ist ein Widerspruch in sich. Niemand muss verzichten – aber nennt es um Himmels Willen nicht warten.

Die Frau war am Ende unseres Gesprächs ziemlich betreten. Sie sagte, sie hätte allen gesagt, sie würde warten, und wäre auch sehr stolz darauf gewesen. Aber nun sehe sie, dass dem gar nicht so sei. Daraus nun zu schliessen, man könne jetzt voll aufs Ganze gehen, wenn ein bisschen Sex auch Sex ist, meine ich damit nicht. Ich bin überzeugt, es gibt gute Gründe, zu warten und sich langsam an die Sexualität heranzutasten und auch gewisse Grenzen nicht zu überschreiten. Ein grosses Problem ist ja, dass wir der Sache überhaupt ein Label aufkleben müssen. Müssen wir aber nicht. Geht auch niemanden etwas an. Und selbst diejenigen, die sich nicht anrühren vor der Hochzeit, müssen ja nicht ein Schild „gewartet“ vor sich hertragen. Jesus nennt die Menschen, die rausposaunen müssen, was sie tun „Heuchler“. Allein im Matthäusevangelium 13 Mal.

Es gibt sehr gute Gründe zu warten. Der wichtigste ist, sich erst einmal überhaupt auf andere Weise kennen und immer besser kennen zu lernen. Dann würde vielleicht nicht geschehen, womit ich auch öfters mal konfrontiert bin. Dass Menschen zwar Sex miteinander haben, sich aber partout nicht entscheiden können, den Bund fürs Leben zu schliessen, weil sie sich nicht zu hundert Prozent sicher sind, dass sie den anderen wirklich „so fest“ wollen. Weil es gravierende Dinge gibt, die stören. Abgesehen davon, dass die heutige Generation Paarungswilliger sich tatsächlich extrem schwer tut, sich zu binden, und ihre Ansprüche zum Teil unerfüllbare Dimensionen haben, könnte es eben sein, dass man ohne Sex schneller rausfindet, das es nicht stimmt. Und man würde besser lernen, auf einem hohen Niveau zu kommunizieren, sagt eine Studie. Oder man würde merken, dass man gar nicht miteinander kommunizieren kann. Sex ist in Bezug all dieser Dinge ein schlechter Ersatz für eine gelingende Partnerschaft.

Unsere Zeit hat etwas ganz Kostbares verloren. Ich habe es schon letzte Woche angesprochen. Das Sehnen und Freuen und Verzichten. Die Bibel sagt, dass es Geduld bewirkt und die Geduld Bewährung und die Bewährung Hoffnung (Römer 5, 3-5). Alles Dinge, die uns zu verantwortungsvollen, gefestigten, sozialkompetenten Menschen mit Charakter machen. Zu Menschen mit einer Herzenbsbildung. Es gibt nicht nur im Glauben, sondern auch im Leben etwas Verheissenes, dessen Geheimnisse sich einem nur erschliessen, wenn man verzichten und warten kann.

Ich glaube, ich habe hier im Blog genügend betont, dass Sex richtig sein kann aber auch falsch. Dass jedes Paar für sich die Verantwortung tragen soll und muss. Vor allem zu erwachsenen Menschen sage ich: "Ihr seid niemandem Rechenschaft schuldig. Es geht niemanden was an, was ihr tut. Ihr müsst nicht verzichten, aber bitte nennt es nicht warten auf den St. Jümpferleinstag." :-)

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October 28, 2016

Auf Sex warten und Sehnsucht liess uns in die Pornofalle tappen

by Veronika Schmidt in falsche Scham, Küssen, Liebe, Lust, Porno, Selbstverantwortung, Sex vor der Ehe, Sünde, Zusammenleben, 2017


Sehnsucht
Sehnsucht

Liebe Veronika

Mein Freund und ich sind seit 3 Jahren zusammen. Eine baldige Hochzeit liegt auf Grund des Studiums nicht drin. Seit wir zusammen sind, halten wir uns schön "brav" an den Grundsatz "Kein Sex vor der Ehe". Inzwischen wird dieser Vorsatz für uns immer schwieriger umzusetzen. Allerdings hält mein Freund daran sehr fest. Das Problem ist – wir sind stattdessen in die Falle gerutscht, unsere sexuelle Sehnsucht mit pornografischen/erregenden Bildern zu kompensieren.

In meinen Augen ist dieses Verhalten eine viel größere Sünde, als Sex vor der Ehe zu haben. Doch wir sehen das nicht gleich. Für mich jedenfalls ist Pornographie absolut keine Option. Wir bräuchten dringend einen Rat.


Viele Grüsse, Letizia 22 Jahre


Liebe Letizia

Es ist schon eine Weile her, dass Du mir Deine Frage im Blog gestellt hast. Normalerweise schreibe ich eine kurze Antwort zurück und teile der Fragestellerin oder dem Fragesteller mit, wann die Frage ausführlich beantwortet und veröffentlich wird. Doch das kann ich nicht, weil Du mir Deine Mailadresse auf dem Formular nicht hinterlassen hast. So weiss ich jetzt auch nicht, ob Dich die Antwort erreicht.

Die Frage nach der grösseren Sünde wird Euch nicht weiterbringen. Weil (angenommene) Sünde bewusst zu tun, grundsätzlich ein schlechtes Gewissen nach sich zieht. Ihr werdet somit Eure Sexualität von Anfang an mit Scham behaften, was langfristig ein ziemlicher Lustkiller ist. Für diesen Mechanismus spielt es nur bedingt eine Rolle, ob es jetzt Pornografie oder der Sex vor der Ehe ist.

Pornografie ist für Dich wohl deshalb keine Option, weil Du vermutlich, wie die meisten Frauen, diese gar nicht cool findest. Wenn es Dich trotzdem erregt, bedeutet das gar nichts. Der Erregungsreflex funktioniert automatisch und ist nicht zu kontrollieren. Er schaltet sich selbst dann über die Augen ein, wenn Du das Gesehene gar nicht attraktiv findest. Für Dich müsste es etwas fürs Gemüt sein - also wenn schon, dann richtigen Sex, reale Gefühle. Da würdest Du Nähe, Zärtlichkeit, Romantik und sexuelles Begehren finden. Hingegen ist für Deinen Freund Pornografie durchaus eine Option, weil viele Männer Pornos geil finden und sie daraus Befriedigung nehmen – und meistens auch sexuell Dampf ablassen – sprich sich einen runterholen. Wobei, es gibt Ausnahmen. Es gibt auch Männer die sagen: „Wenn ich Pornos anschaue, sehe ich nur Ejakulationen ohne jede Ekstase. Ich kann nicht verstehe, was Männer daran toll finden …“. Und ja, das sind wohl eher Männer, die richtigen Sex und den Unterschied kennen.

In einigen Beiträgen hier auf dem Blog findest Du Ausführungen zu Sex vor der Ehe. Zusammengefasst heissen die: Ihr müsst das selbst mit Euch und Gott klären. Es ist Eure Verantwortung – es ist Euer Leben. Martin Dreyer, Gründer von den "Jesus Freaks", sagt im diese Woche erschienenen Interview zu seinem neuen Buch "Der vergessene Jesus":  "Sexualität ist etwas Göttliches, etwas nur Gutes, ein Riesengeschenk, das Jesus uns gemacht hat. Wir sollten als Jesusnachfolger mehr darüber nachdenken, wie wir dieses Geschenk in dankbarer Weise auspacken, ausleben und genießen können. Wir wissen, dass Jesus ein normaler Mann war. Er hatte alle menschlichen Bedürfnisse, die die Wissenschaft heute kennt. Ich finde es vollkommen abwegig zu glauben, dass Jesus nicht auch sexuelle Gefühle kannte. Auch wenn er sie vielleicht nie mit einem Menschen ausgelebt hat. (…) Überall wo ich das sage, schreien Christen auf. Vielleicht auch, weil Jesus ihnen plötzlich zu nahe kommt. Nicht nur ins Herz, sondern auch in die Hose." Er habe das Buch geschrieben, sagt Dreyer, weil er überall ein verzerrtes, krampfiges und viel zu moralisches Christentum erlebe, ohne viel Freude. Er aber könne bei Christus von all dem nicht viel entdecken.

Was will ich damit sagen? Ihr solltet dringend für Euch die Sexfrage gründlich klären, auch Euren Zeithorizont und Eure Bedürfnisse und Wünsche. In Eurem Dilemma stecken viele Paare, die nicht einfach innert nützlicher Frist heiraten können. Und ich habe volles Verständnis für Eure Sehnsüchte. Euer jetziges Verhalten tut Euch aber nicht gut. Wenn Ihr wirklich warten wollt, solltet Ihr auf sexuelle Stimulation verzichten. Damit meine ich nicht Zärtlichkeiten, Küsse und Schmusen, sondern explizite Stimulation von Körper und Hirn. Wenn Du keine Pornos schauen willst, dann setze durch, dass Ihr keine Pornos schaut. Wenn Dein Freund keinen Sex vor der Ehe will, dann steckt zusammen den Rahmen ab, in dem Ihr Euch wohl fühlt. Wenn Ihr wollt, dann verzichtet auf Beides und richtet Eure Sehnsucht auf andere Dinge. Sublimieren sagt man dem. Wenn Eure sexuellen Sehnsüchte zu stark werden, dann stillt sie bei Euch, aber nicht zusammen.

Macht Euch Gedanken, wie Ihr Eure Beziehung auch im Detail leben wollt. Verpflichtet Euch darauf und plant Eure gemeinsame Zeit im Voraus und haltet dann daran einigermassen fest. Pflegt und vertieft auf andere Weise Eure Beziehung, lernt Euch immer besser kennen und erlebt andere positive Dinge miteinander. Oder aber klärt, ob Ihr „Es“ doch tut, oder ab wann und unter welchen Bedingungen Ihr es ihn Zukunft tun wollt, aber in Freiheit und bewusst geplant und nicht aus dem Affekt heraus und aus Frust, oder weil Ihr denkt, damit würdet Ihr der Pornofalle entkommen.

Dazu möchte ich Euch zu bedenken geben: Euer jetziges Muster ist nicht hilfreich für Euer späteres Liebesleben. Ihr programmiert Euer Hirn darauf, sexuelle Erregung aus pornografischen Darstellungen zu nehmen, statt aus der Wahrnehmung und Bewegung des Körpers. Also speichert Euer Hirn, „pornografische Darstellungen bringen die Erregung.“ Nun könnt ihr Euch vorstellen, wie sexuell erregend Euer Hirn dann einmal Euch selbst in Eurer Nacktheit findet und was Ihr im Sex tut, gemessen an den Pornobildern. – Gähn! Ich hatte schon solche Paare in der Beratung, die jahrelang eine Art Ersatz-Sexualität gelebt haben und dann beim richtigen Sex fanden: „Ist das jetzt alles?“ Die mussten richtig von Grund auf „normale“ Sexualität lernen und sie schön finden.  

Und nun zur Sehnsucht. Sehnsucht könnte man definieren als „Krankheit des schmerzlichen Verlangens“. Sie ist ein inniges Verlangen nach einer Person, einer Sache, einem Zustand oder einer Zeitspanne. Sie bezieht sich auf Etwas oder Jemanden, den man liebt oder begehrt. Sie ist mit dem schmerzlichen Gefühl verbunden, den Gegenstand der Sehnsucht nicht erreichen zu können. Was hat Sehnsucht für eine Funktion? In der Sehnsucht kann man für eine gewisse Weile das perfekte Leben haben. Sie hilft, mit der eigenen Unfertigkeit, mit Verlusten und dem nicht-perfekten Leben umzugehen. Zum anderen kann Sehnsucht dem Leben eine Richtung geben. Sie kann einem dabei helfen, sich Ziele in den Lebensbereichen zu setzen, die einem besonders wichtig sind. Sehnsüchte haben und aushalten tut der Persönlichkeit gut. Doch wir heutigen Menschen haben das leider total verlernt. Wir meinen zu sterben, wenn wir Sehnsüchte nicht sofort stillen können. Das macht uns alle zu Junkies. 

Doch es ist wichtig, seine Sehnsuchtsgefühle kontrollieren zu können und sich ihnen nicht ausgeliefert zu fühlen. Sonst kann Sehnsucht zu Melancholie führen. Ältere Erwachsene sehen Sehnsüchte positiver als junge Erwachsene. Jeder Mensch kennt das bittersüsse Gefühl der Sehnsucht. Sehnsucht ist ein Ziehen in der Brust, es schmerzt, aber Sehnsucht ist auch ein schönes Schwelgen in den Vorstellungen von dem grossen Glück. Diese Vorstellung allein könnte grundsätzlich auch schon Glück sein. Das ist es ja, was langjährige Paare manchmal vermissen und deshalb vielleicht ihre Beziehung langweilig finden. Weil die Sehnsüchte fehlen, die einen in gewisser Weise auch lebendig fühlen lassen. Bitter macht die Sehnsucht dann, wenn wir wissen, dass das Begehrte unerreichbar ist, für immer. Doch Warten ist nicht gleich Unerreichbar.

In diesem Sinne wünsche ich Euch, dass Ihr offen und ehrlich miteinander über Eure Wünsche und Vorstellungen ins Gespräch kommt, den Mut habt, konkrete Ziele zu definieren und wie ihr sie erreichen wollt und die Stärke, sehnsuchtsvolle Gefühle auszuhalten. Herzliche Grüsse - Veronika

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© by Veronika Schmidt. Publikation, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung.