Liebe Veronika
Ich habe Dein Buch LIEBESLUST gelesen und durchstöbere ab und an Deinen Blog. Danke, dass Du diese Arbeit machst. Mir haben Deine Beiträge schon sehr geholfen in verschiedenen Fragestellungen, die mich beschäftigten. Eine persönliche Frage stellt sich mir in letzter Zeit häufiger, und ich habe dazu noch nichts gefunden auf Deinem Blog: ChristIn und nicht ChristIn, geht das?
Mein Freund und ich haben seit einem Jahr eine liebevolle und glückliche Beziehung. Als wir uns kennen lernten, war es mir zu Beginn sehr wichtig zu sagen, dass mir mein Glaube viel bedeutet. Dass ich meinen Glauben in der Beziehung teilen möchte. Ich habe meinen Freund so verstanden, dass er zwar gläubig ist, den Glauben aber nicht so sehr lebt und sich von mir anstecken lassen will. Mehr und mehr wurde in Gesprächen klar, dass er zwar an einen Gott glaubt, aber nicht an die Sündenvergebung von Jesus und auch nicht in allen Punkten mitziehen möchte (gemeinsam in die Gemeinde, gemeinsam Beten, in der Bibel lesen). Je länger wir zusammen sind, desto mehr mache ich mir Gedanken darüber, was die Bibel und vor allem was Gott dazu sagt, wenn ich in einer Beziehung mit einem Nichtchristen bin, den ich vielleicht sogar heiraten möchte. Ich möchte nach Gottes Willen leben, aber bei dieser Frage weiß ich nicht weiter ...
Ich bin gespannt auf Deine Antwort. Liebe Grüße Roberta, 27 Jahre
Liebe Roberta
Ich habe diese Frage schon ein paar Mal beantwortet, aber nicht öffentlich. In der Beratung bin ich öfters mit dieser Fragestellung konfrontiert. Es hat schon seine Tücken, sich mit einem ungläubigen Partner, einer ungläubigen Partnerin zu binden, wenn einem der Glaube viel bedeutet. Vor allem langfristig. Es geht dabei um ganz verschiedene Themen: Freunde, Gemeinschaft, Lebenshaltungen, geistlicher Austausch, geistlicher Ausdruck des Glaubens (Gebet, Musik, Worship), von Kindern vielleicht und deren Erziehung dann mal später ganz abgesehen. Ein grosses Problem ist meiner Erfahrung nach, dass der gläubige Teil irgendwann «geistlich vereinsamt» und sich in der Folge mehr und mehr auch in der Beziehung isoliert und unverstanden fühlt. Manchmal vermissen diese Menschen dann den engen Kontakte mit anderen Gläubigen und die Gemeinschaft in der Kirche, so wie sie es sich gewohnt waren und es liebten. Oder sie schliessen sich mehr und mehr anderen gläubigen Menschen an und verlieren den Kontakt und die Nähe zum Partner, zur Partnerin.
Die Bibel sagt wenig dazu. Zum Beispiel betont Paulus, man müsse/solle sich nicht von einem ungläubigen Partner scheiden lassen, dieser sei durch die Beziehung mitgesegnet, ja sogar geheiligt: “Den andern aber sage ich, nicht der Herr: Wenn ein Bruder eine ungläubige Frau hat und es gefällt ihr, bei ihm zu wohnen, so soll er sie nicht fortschicken. Und wenn eine Frau einen ungläubigen Mann hat und es gefällt ihm, bei ihr zu wohnen, so soll sie den Mann nicht fortschicken. Denn der ungläubige Mann ist geheiligt durch die Frau, und die ungläubige Frau ist geheiligt durch den gläubigen Mann.” (1. Kor. 7, 12-16). Paulus bezieht sich hier auf bereits geschlossene Ehen. Zum Fall einer Eheschliessung mit einem Nichtgläubigen Menschen äussert er sich nicht. Man kann davon ausgehen, dass damals die Partnerwahl nicht frei war, also Eltern unter Umständen auf den Glauben der zu verheiratenden Kinder nicht zwingend Rücksicht nahmen. Einige Christen warnen vor einer Heirat mit Ungläubigen mit der Stelle aus 2. Kor. 6, 14: “Zieht nicht unter fremdem Joch mit den Ungläubigen. Denn was hat Gerechtigkeit zu schaffen mit Gesetzlosigkeit? Was hat das Licht für Gemeinschaft mit der Finsternis?” Hier ist aber die Ehe nicht explizit erwähnt, sondern gemeint sind wohl eher Geschäfte und Seilschaften und Götterkulte.
Es gibt im alten Testament einige Paar-Geschichten, die aus unterschiedlichen Glaubensvorstellungen heraus nicht gut gingen. Michal teilte Davids Glauben wohl nicht wirklich, was das Paar schliesslich auseinander brachte. Man könnte spekulieren, dass Isaak in geistlicher Hinsicht so seine Mühe hatte mit Rebekka, obwohl er sie sehr liebte. Bei Dina endete die Verbindung mit einem “Ungläubigen” in einer Katastrophe, hauptsächlich aufgrund der Engstirnigkeit ihrer Brüder. Doch diese Geschichte eignet sich auch aus anderen Gründen nicht als Beispiel, denn es war eine aufgezwungene Verbindung. Eine glückliche Beziehung über Glaubensgrenzen hinweg könnte diejenige von Moses und Zippora gewesen sein.
Ich würde Dir raten, mit Jesus persönlich im Gespräch über dieser Sache zu sein. Nimm Dir Zeit und frage ihn ganz konkret, was er dazu meint. Höre darauf, was er Dir für Gedankenanstösse gibt. Wenn sich leise Zweifel einschleichen, übergehe diese nicht. Bedenke, ob diese Person Dich in Deinem Glauben ermutigt, oder ihn mehr und mehr in Frage stellt. Betreffen Deine Zweifel aber vor allem seinen Charakter, seinen Umgang mit Dir oder anderen, sein Verhalten, dann schau genau hin. Man kann den Charakter eines Menschen an seinem Verhalten erkennen, auch wenn man verliebt ist und eine rosa Brille auf hat. Es gibt immer kleine Anzeichen von “Unverträglichkeit”, wenn man hinsehen will. Damit meine ich nicht unbedingt alltägliche Konflikte aufgrund unterschiedlicher Auffassungen, denn die gehören zum Leben dazu und müssen ausdiskutiert und ausgehandelt werden.
Frage Dich, ob Du mit dieser Person an Deiner Seite die beste Version Deiner selbst sein kannst und das Leben leben, dass Du Dir vorgestellt hast. Nach diesen Kriterien würde ich auch ganz grundsätzlich einen Partner, eine Partnerin wählen, auch gläubige. Denn Christsein ist noch lange nicht gleichzusetzen mit einem guten Charakter und überhaupt keine Garantie für eine glückliche Verbindung.
Herzlich - Veronika