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Liebesbegehren – Veronika Schmidt

June 17, 2016

Der Mythos Sexualtrieb - oder die naive Dämonisierung durch religiöse Eiferer

by Veronika Schmidt in Aufklärung, Aufreger, Gott, Selbstverantwortung, Sexualität allgemein, Sünde, Meistgelesen!, 2016


verdammtersex.ipg
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Moral kommt aus dem Vorbild, der Übung und der Verlässlichkeit, nicht aus der Predigt.

Thomas Widmer


Sex gleich Trieb? Kein Trieb – echt nicht!

Wir können verhungern, an Flüssigkeitsmangel sterben, sogar an Schlafentzug. Aber niemand ist je daran gestorben, dass er nicht flachgelegt wurde. Es entsteht kein körperlicher Schaden, wenn wir sexuelles Verlangen nicht „füttern“. Sex funktioniert nach dem Prinzip der „Anreizmotivation“. Wenn sich Sex trotzdem wie ein Trieb anfühlt, dann deshalb, weil gewisse Menschen ein sehr empfindliches Gaspedal haben, für die die ganze Welt ein ständiger Anturner sein kann. Nicht das Verlangen selbst macht uns das Unbehagen, sondern dass wir meinen, den sexuellen Anreiz, den verlockenden Partner unbedingt bekommen zu müssen. Wenn dem nicht so ist, wir aber meinen, das müsse jetzt so sein, werden wir innerlich zum trotzenden Kleinkind, zuerst frustriert, dann wütend und irgendwann verzweifelt. Und dieses „Scheissgefühl“ nennen wir gerne Sextrieb.


Der Begriff Sexualtrieb ist tief in unseren Köpfen und unserem Wortschatz verankert. Selbst Sexualwissenschaftler und Sexualtherapeuten verwenden ihn, obwohl eigentlich überholt. Wir verdanken die Trieblehre Sigmund Freud. Er ging davon aus, dass der Mensch von einer mehr oder weniger grossen Anzahl von Trieben gesteuert wird, vor allem in der Sexualität.

Der Sexualwissenschaftler Gunther Schmidt sagt dazu: „Der Trieb war die leitende Metapher für das Verständnis der Sexualität im 19. bis weit in das 20. Jahrhundert. Diesem Modell zufolge bauen sich sexuelle Spannungen ständig auf, als stünde ein Kessel Wasser unter Dampf, und dieser müsse abgelassen werden, um Schaden zu verhindern. Diese Triebtheorie entstand um 1900. Damals wurde die Sexualität verachtet und streng geregelt. So wurde durch Freud die Sexualität zu einer Kraft, die impulshaft jederzeit Macht über uns gewinnen kann, ein wildes Tier, eingeschlossen in uns, gefährlich und immer ausbruchsbereit.“

Zum Mythos Sexualtrieb ergänzt der Sexualwissenschaftler Erwin Hämmerle: „Die Triebtheorie hat man mittlerweile fallen gelassen. Das sexuelle Potential ist allen anderen menschlichen Potentialen wie Singen, Tanzen, Sprechen usw. gleichgestellt. Punkto Sexualität sind wir zudem gar nicht so triebgesteuert, wie oft behauptet. Sexuelle Lust ist bei jedem anders ausgeprägt und hat viel mit den gesellschaftlichen Umständen zu tun.“

Begierde ist eher Unwissen

Was drängt uns dann, wenn kein Trieb? Wenn uns nicht der böse Trieb und kein Dämon und nicht der Teufel drängt? Moment mal! - Nicht der Teufel ist schuld? Das wäre doch so schön gewesen. Nach dem Motto: „Das war nicht ich – das war der böse Trieb.“

Die Bibel gibt uns keinerlei Schützenhilfe, diese Verantwortung abzuschieben. Sie ist in ihren Aussagen ganz klar. Es sind unsere eigenen Begierden, die wir aufsteigen lassen, nähren und denen wir im schlechtesten Fall erlauben, uns zu verschlingen. Wir sind also einmal mehr bei der Selbststeuerung gelandet:

„Jeder Mensch wird durch seine eigenen Begierden (seinem eigenen Willen, seinen eigenen Wünschen und der eigenen Vorstellungskraft) dazu verleitet, Böses zu tun.“ (Jak 1,14 NL)

Es gibt sogar diese ganz interessante Bibelstelle, aus der man herauslesen kann, dass getriebenes Begehren, und in der Konsequenz auch die vehemente Bekämpfung der Sexualität, eher die Folge von Unwissen sind:

 „Als Kinder des Gehorsams passt euch nicht den Begierden an, die früher in eurer Unwissenheit herrschten.“ (1Petr 1,14 ELB) … oder: „Damals wusstet ihr es nicht besser.“ (NL)

Sexualkriminologen gehen heute davon aus, dass hinter sexuellen Straftaten oft gar keine sexuellen Motive stehen, sondern aggressive Bedürfnisse und Machtdemonstrationen. Und hinter ausschweifender Sexualität steht erwiesenermassen oft mangelnde Selbstkontrolle, mangelnde Selbststeuerung und mangelndes Selbst(wert)gefühl. Oft auch enthemmt aufgrund von Alkohol, Drogen oder Pornokonsum.

Dass die christliche Lebenswelt jahrhundertelang die sexuelle Lust, die sexuellen Bedürfnisse, das sexuelle Begehren dämonisiert hat, ist schlicht Unwissen aber auch Machterhalt von patriarchalen Strukturen.

Sexualität hat eine Geschichte

Im 20. und 21. Jahrhundert hat nicht nur die Biologie für neue Erkenntnisse gesorgt, sondern auch die Psychologie, Ethnologie und Soziologie. Dazu kam die neue Disziplin der Sexualwissenschaft. Zum Beispiel fand die Forschung heraus, dass es Masturbation bei beiden Geschlechtern in fast jeder Gesellschaft überall auf der Welt gibt. Dass sich keine einheitlichen Normen für vorehelichen oder ausserehelichen Sex finden liessen. Viele dieser Informationen relativierten die absoluten allgemeingültigen traditionellen westlichen Normen und veränderten die Rollen von Mann und Frau nachhaltig.

„Besonders die Stärkung des weiblichen Selbstbewusstseins, vor allem in den letzten 50 Jahren, brachte eine signifikante Lockerung traditioneller Sexualnormen. Viele Jahrhunderte, in denen eine von Grund auf falsche Weltwahrnehmung dem Sexismus zur Blüte verhalf, liessen viele Frauen an der Gültigkeit fast aller früherer Lehren zu den Grundsätzen der Sexualmoral zweifeln. Frauen haben die Irrationalität sexueller Tabus unmittelbar erfahren.“(aus VERDAMMTER SEX von der Nonne Margaret A. Farley)

Auch die Theologie hat wichtige Erkenntnisse in Bezug auf die menschliche Sexualität und das Sexualverhalten geliefert. Publikationen aus römisch-katholischer (nicht von den hohen Würdenträgern) und protestantischer Tradition läuteten eine ganz neue Ära für eine christliche Sexualethik ein. Bibelforscher haben sich mit Fragen der Sexualethik befasst und jüdische Theologen haben zu diesen Fragen wichtige Untersuchungen beigetragen. Alle diese Bemühungen lassen einfach nicht mehr zu, sich einer naiven Betrachtungsweise der Sexualität hinzugeben, schon gar nicht der Sichtweise, ein Trieb überfalle uns, wenn möglich noch vom Teufel geschickt.

Die naive Betrachtungsweise hat über Jahrhunderte die sexuellen Bedürfnisse und damit einhergehend vor allem auch die Frau dämonisiert. Aus biblisch-jüdischer Tradition ist dies überhaupt nicht begründbar, sondern, geschichtlich belegbar, anderen Strömungen zuzuordnen. Wer sich dafür interessiert, sollte unbedingt die unten angeführten Bücher lesen.

Vor allem die Freikirchen tun sich manchmal je nach Thema immer noch schwer damit, dass Glauben und Wissenschaftlichkeit, Geisteswirken und Management,  Theologie und Naturwissenschaft unter der gleichen Sonne Platz haben. Doch am allerschwersten tun sie sich mit der Sexual- und Ehe-Ethik. Dies ist die letzte umkämpfte Bastion, begründet mit den immer gleichen Bibelstellen. Doch der Systemfehler könnte in deren Interpretation liegen.

Der Apologet und Naturwissenschaftler Felix Ruther meint dazu: „Wer aus der Vollkommenheit Gottes einen vollkommenen Bibeltext ableitet, formuliert ein logisches Prinzip, das es in der Bibel so nicht gibt. Widersprüche sieht der Mensch, der glaubt, dass alle Worte der Bibel gleich gewertet werden müssen. Die Texte der Bibel sind aber in ganz verschiedenen historischen Situationen entstanden, und man kann, ausgehend von den ältesten Texten bis zu den Evangelien, eine pädagogische Absicht Gottes entdecken. Wenn Lamech (1. Mose 4) sich noch brüstet, für eine zugefügte Wunde einen Mann zu erschlagen, dann steht im „Auge um Auge-Prinzip“ die Strafe schon in einem massvollen Verhältnis zur Tat. Das grosse Ziel auf das Gott mit den Menschen zugehen möchte ist „liebe deinen Nächsten wie dich selbst“.

Dämonisierte Sexualität

Dämonisches und auch magisches Denken wird durch eine Entweder-oder-Logik geprägt, in der alles, was einem begegnet, unterschieden wird in „gut oder böse“, „krank oder gesund“, „ Freund oder Feind“, „wir oder sie“. Das Zulassen von Vielseitigkeit und Komplexität hingegen gilt als Zeichen von Schwäche.

Mit diesem Denken geht die Vorstellung einher, es gebe endgültige Lösungen für die eigenen Probleme und wir könnten uns anstrengen, einen andauernden Glückszustand zu erreichen. Dämonisierendes Denken und die Vorstellung erreichbaren absoluten Glücks ist für das Wohlergehen des Menschen höchst ungesund. Denn wer sich auf die Suche nach absoluten Lösungen für ein Problem macht, ist gelinde ausgedrückt, wenig geduldig mit sich und anderen. Vor allem, wenn diese Anderen die Suche zu behindern scheinen. Und deshalb steckt hinter der Fassade eines eifrigen Moralapostels oft dessen immer noch andauernde Kampf mit der eigenen sexuellen Unzulänglichkeit.

Die dämonische und magische Sicht sagt:

  • Alle Sünde und alles Leiden kommt vom Bösen
  • Die Ursachen des Leidens und der Sünde sind tief verborgen
  • Das Aufdecken der verborgenen Kräfte bedarf einer besonderen Form des Wissens
  • Heilung besteht in der Ausrottung des verborgenen Übels
  • Der Andere ist ein fremdartiges und unaufrichtiges Wesen

Doch es gibt eine andere Sichtweise, die uns eine gewisse Gelassenheit, Gottergebenheit und Trost erlaubt. Wir sind zwar vielleicht damit konfrontiert, dass unsere Versuche, uns oder die Welt zu verbessern, begrenzt sind. Aber neben einer gewissen Enttäuschung hat es auch etwas Tröstliches: Wenn es keinen absoluten Sieg gibt, dann gibt es auch keine absolute Niederlage. Der David der Bibel ist ein Meister dieser „ergebenden Sichtweise“.

Die ergebende Sicht sagt:

  • Sünde und Leiden ist ein wesentlicher und unausweichlicher Teil des Lebens
  • Schlechte Handlungen können positiven Eigenschaften entstammen
  • Radikale Lösungen vergrössern oft das Leiden
  • Die Allgegenwärtigkeit des Leidens und der Sünde erfordert Akzeptanz, Mitleiden und Trösten
  • Der Andere ist uns ähnlich

Woher kommen dann die sexuellen Bedürfnisse?

Die biologische Fähigkeit des Menschen, auf äußere Reize mit einer sexuellen Erregung bis hin zum Orgasmus zu reagieren, ist angeboren und beruht auf Nerven und Muskeln. Die rein biologische Fähigkeit ist nur einer der Bausteine der Sexualität. Vieles wird erst im Laufe des Lebens erworben und ausgestaltet.

Die heutige Sexualforschung besagt, dass Menschen in ihrem Verhalten inneren Drehbüchern folgen. Diese Drehbücher kommen aus der Familie, der Erziehung, der Schule, den Medien, dem Freundeskreis, der Religion. Das Problem bei der ganzen Geschichte ist natürlich, dass in unserer Kultur verschiedenste widersprüchliche Drehbücher kursieren. Eltern, Kirche, Lehrer, Freunde, das Kino geben bestimmte Sexualverhalten vor. Jungen Menschen in der Pubertät erscheinen diese Wiedersprüche ganz besonders konfus und sie müssen darin ihr ganz eigenes Drehbuch entwickeln. Und heute weiss man, dass der Einfluss der Freunde in dieser Zeit viel prägender ist als der elterliche. Wir verhalten uns im Alltagsleben nach diesen vorgelebten und verinnerlichten Drehbüchern. Genauso ist es mit dem Sexualverhalten, ob man sich dessen bewusst ist oder nicht.

Viele Fremdgänger hatten schon fremdgehende Väter. Wenn junge Männer in Horden ins Puff gehen oder ständig Frauen abschleppen, steuert sie nicht ihr Trieb, sondern sie gehorchen schlicht dem Gruppendruck oder einer angeeigneten Vorstellung ihrer Männlichkeit. Wenn christliche junge Männer oder Frauen kein Sexabenteuer auslassen, überwältigt sie nicht ihr Trieb, sondern sie geben ihren Wünschen und ihrem Verlangen oder der Vorstellung der Gleichaltrigen mehr nach als dem Drehbuch der sexuellen Enthaltsamkeit. Diese Entscheidung treffen sie ganz allein.

Für die Liebe zwischen Mann und Frau, und um dieser Liebe Ausdruck zu geben in der Sexualität, haben wir also vor allem viel Potential, dass es zu entdecken gibt. Dabei unterscheidet die Hirnforscherin Helen Fisher keinesfalls zwischen dem Sexuellen Begehren und dem Liebesbegehren oder der Verliebtheit. Sie sagt, Verliebtheit ist kein Gefühl, sondern ebenso ein Trieb. Oder wie wir jetzt wissen – ein Potential!


BÜCHER ZUR GESCHICHTE DER SEXUALITÄT IM CHRISTENTUM:

VERDAMMTER SEX von Margaret A. Farley

EVA von Helen Schüngel-Straumann

EHE, LIEBE & SEXUALITÄT IM CHRISTENTUM von Arnold Angenendt

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May 27, 2016

Ich bin eine 75-jährige Witwe, habe aber immer noch Lust auf Sex mit mir selbst

by Veronika Schmidt in Aufreger, falsche Scham, keusch, Lust, Orgasmus, Selbstbefriedigung, Selbsterfahrung, Selbstgefühl & Selbstwert, Sextoys, Solosex, weibliche Sexualität, Sex im Alter, Selbstverantwortung, Beckenschaukel, 2016


witwe.ipg
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Liebe Veronika

Du betonst in Deinem Blog des Öfteren, dass der weibliche Körper über einen längeren Zeitraum erotisch empfindet und nach Sex verlangt. Das leuchtet mir ein und wird in der Gesellschaft vermutlich auch so gelebt. Nur würde es mich wundernehmen, wie das wiedergeborene gläubige Frauen handhaben und was dazu in christlichen Kreisen gesagt und gelebt wird. Ich wäre sehr interessiert, von Erlebnissen und Erfahrungen im Umgang mit Sexualität von Damen zwischen 70 und 90 Jahren zu hören. Ob ich mich getrauen soll, ein paar Frauen dazu zu befragen oder sogar meinen Gemeindeleiter? Ich gehöre selbst zur Altersgruppe der über 70-Jährigen, bin gläubig, seit ein paar Jahren Witwe und das sexuelle Verlangen ist bei mir immer noch sehr präsent.

Was denkst Du? Ist dieses Thema überhaupt aktuell? Ist es nur tabuisiert und im Abseits gehalten, oder ist Sex für diese Altersstufe tatsächlich Schnee von gestern? Auf Deine Gedanken bin ich sehr gespannt!

Es grüsst herzlich – Hella, 75 Jahre


Liebe Hella

Was für eine freudige Überraschung! Eine 75-jährige Frau auf meinem Blog! Damit hätte ich wahrlich nicht gerechnet. Und auch nicht mit Deiner Frage. Also ganz ehrlich – sie würde mich auch brennend interessieren.

Ich habe praktisch keine Frauen Deines Alters in der Beratung. Deshalb kann ich Dir aus Erfahrung wenig dazu sagen. Aber gläubige geschiedene oder verwitwete etwas jüngere Frauen ohne festen neuen Partner frage ich nach ihrem Sexualleben, und die meisten von ihnen praktizieren fröhlich Solosex. Ein bisschen anders sieht es bei noch nie verheirateten Single-Frauen aus. Da ist oft das schlechte Gewissen als Begleiter mit dabei. Selbst Frauen, die nicht so wahnsinnig gerne Partner-Sex hatten, befriedigen sich doch ab und zu auch selbst. Das scheinen eben doch zwei verschiedene Paar Schuhe zu sein und auf ein grundsätzliches sexuelles Bedürfnis hinzuweisen.

Wie Du richtig vermutest, leben Frauen in der Gesellschaft ihre Sexualität wohl eher aus als christliche Frauen. Ich kenne zwei auf Frauen spezialisierte Sex-Shops. Die haben einige ältere Kundinnen, die sich da eindecken für ihre Solobedürfnisse. Eine hübsche Geschichte zeigt zudem, dass man gleich zwei Fliegen auf einen Streich schlagen kann. Orgasmen und Kontraktionen des Beckenbodens helfen auch gegen Inkontinenz, was eine Frau im Laden fröhlich bezeugte, die sich einen Vibrator gekauft hatte.

Eine Pflegende in einem christlichen Altersheim bestätigte mir, dass auch alte gläubige Menschen sexuelle Bedürfnisse haben. Selbst in der Gesellschaft wird das Thema stiefmütterlich behandelt, geschweige denn in christlichen Kreisen. Nur schon die Frage „Alterskonkubinat“ können wir Christen nicht diskutieren, weil wir das Gesetz „kein Sex vor der Ehe“ in Stein gemeisselt haben. Ich fand bei der Recherche zu Deiner Frage eine interessante Studie zur Sexualität in der 2. Lebenshälfte. Obwohl die Studie sich vor allem mit der gelebten Paarsexualität befasst, gibt sie einige grundsätzliche Einblicke in die Haltung zur Sexualiät im Alter. Schnee von gestern ist die Alterssexualität auf jeden Fall nicht.

Die Häufigkeit der Selbstbefriedigung wurde in genannter Studie ebenfalls erhoben, aber mangels schlüssigen Zusammenhangs zu partnerschaftlichen sexuellen Aktivitäten nicht ausgewertet. Doch andere Studien (siehe Wikipedia „Alterssexualität“) stellen fest, dass auch das Erreichen sexueller Erfüllung über Selbstbefriedigung im letzten Lebensdrittel für viele Menschen eine wichtige Rolle spielt. Etwa die Hälfte aller Männer und ein knappes Viertel aller Frauen gaben an, sich selbst zu befriedigen. Hierbei wird deutlich, dass sich dabei die Zahlen zwischen Alleinstehenden und in festen Partnerschaften lebenden Menschen nur unwesentlich unterscheiden; dies also in allen Lebensformen als Teil der Sexualität empfunden wird. In Partnerschaften befriedigen sich 52 Prozent der Männer und 25 Prozent der Frauen selbst, ähnliche Zahlen ergeben sich für allein lebende Männer (55 %) und Frauen (23 %).

Ob man sich das erlaubt, hat offenbar damit zu tun, wie befriedigend man die Sexualität in jungen Jahren erlebt und gelebt hat und ob einem eine strenge moralische Erziehung die Freude am Sex vergällt oder eine wertschätzende Erziehung die Freude daran geweckt hat. Zum Thema Selbstbefriedigung und Single-Leben habe ich bereits einen BLOG geschrieben.

Liebe Hella, wenn Du Dich traust, wäre es sicher sehr aufschlussreich, mit Deinen Freundinnen und Bekannten über Eure Sexualität zu sprechen. Ja, vielleicht sogar eine grösser angelegte Umfrage in christlichen Kreisen zu starten. Auf dieses Resultat wäre ich doch auch sehr gespannt.

Ich bedanke mich für die Ehre Deines Besuchs auf meinem BLOG und grüsse Dich herzlich - Veronika

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April 29, 2016

Darf ich wieder heiraten?

by Veronika Schmidt in Aufreger, Ehe, Fragen, Gleichberechtigung, Gott, Konflikte, Liebe, Midlife-Crisis, Partnerwahl, Selbstverantwortung, Sünde, Zusammenleben, Scheidung + Wiederheirat, 2016


foto: liebesbegehren

foto: liebesbegehren

foto: liebesbegehren

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Liebe Veronika

Mit Kopfnicken habe ich den Artikel über Dich in der Pro 2/16 gelesen. Du sprichst mir aus der Seele.

Meine eigene christliche Ehe ist leider nach 18 Jahren jetzt zu Ende. Meine Frau hat einen anderen Mann kennengelernt – übers Internet... Mittlerweile ist sie ausgezogen. Unsere 3 Kinder (15, 12, 10) sind über die Woche bei ihr und am Wochenende bei mir. Tausend Gedanken und Fragen gehen durch meinen Kopf, ich wollte mit dieser Frau alt werden. Aber ich habe nun beschlossen, dass mein Leben weitergeht. Schon wegen meiner Kinder.

Die Frage, die mir mit Blick in die Zukunft unter den Nägeln brennt, ist, ob und unter welchen Umständen ich irgendwann wieder eine Frau haben darf. Laut biblischer Aussage ist so ziemlich alles Ehebruch, was sich aus dieser Situation heraus ergeben könnte - oder? Ich würde mich sehr freuen, Deine Meinung dazu zu hören!

Mit freundlichen Grüßen
Jonas


Lieber Jonas

Selbstverständlich darfst Du wieder eine Frau haben. Je nach Umgebung, in der Du Dich bewegst, musst Du Dich vielleicht etwas warm anziehen deswegen. Immer wieder sitzen in meiner Beratung geschiedene Menschen, denen von geistlichen Gesetzeshütern gesagt wird, sie dürften das nicht, und vor Gott wären sie immer noch verheiratet. Oder sie sagen Singlemenschen, sie dürften Geschiedene nicht heiraten und man würde sie auch nicht trauen. Sie nehmen ihre Rechtfertigung dazu aus der Bibel. Gerade in Bezug auf Scheidung, Wiederheirat und Sexualität allgemein macht der Mensch mit den biblischen Worten etwas nach seinem Gutdünken. Dazu zitiere ich Felix Ruther bereits im BLOG-Beitrag "Wie meinst du das?". Er sagt dazu: „Und er kann mit ihnen machen, was er will. Die Bibel kann sich nicht wehren. Ob der Mensch damit auch den Willen Gottes trifft, steht auf einem anderen Blatt. (…) Wir können uns also aus der Bibel den Tod holen oder das Leben. (…) Die Frage ist, wenden wir die Worte aus der Schrift an wie Gerichtsparteien, um Recht zu behalten? Oder reichen wir uns die Schriftworte wie ein Stück Brot, um einander zu nähren? (…) Das moralische Ideal der Christen findet sich nicht in einem geschriebenen Text, sondern in Jesus, der das „lebendige Wort Gottes“ ist.“ (Magazin INSIST, April 2012, Stolpersteine in der Bibel)

Damit will ich auf keinen Fall sagen, Gott habe Scheidung vorgesehen. Nein, im Gegenteil. Jesus betont ganz klar, „du sollst nicht“. Aber er sagt nicht, „wenn du es tust, gilt meine Liebe Dir nicht mehr“. Vielmehr schützt er die Ehebrecherin davor, dass sie von den Selbstgerechten gesteinigt wird. Er setzt die Strafe ausser Gefecht, nach Jes 53,5: „Doch er war durchbohrt um unserer Vergehen willen, zerschlagen um unserer Sünden willen. Die Strafe lag auf ihm zu unserm Frieden, und durch seine Striemen ist uns Heilung geworden.“

Für mich gibt es keine Zweifel, dass Gott sich eine tiefe Einheit von Mann und Frau als gegenseitige gleichwertige Partner vorstellt, für immer, in aller Treue, ohne Treuebruch. Doch der Faktor Mensch hat diesem Wunsch von Gott einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht. Darum hat Gott durch Mose die Scheidung erlaubt und Jesus bestätigt, dass es sie gibt, „wegen der harten Herzen der Menschen“. (Mth 19, 4-9/Mk 10, 2-11) Er stellt aber auch unmissverständlich klar, dass das von Gott so nicht gedacht war.

Damals wie heute wollen Menschen ganz genau wissen, was man denn jetzt darf und was nicht. Jesus lässt sich darauf ein und sagt, „Ihr könnt es drehen und wenden, wie Ihr wollt, es ist einfach ein Treuebruch, sprich Ehebruch. Weil es so nicht vorgesehen ist. Punkt.“ Und er malt in diesem Zusammenhang vor Augen, wie wenig es braucht, um die Gemeinschaft der Ehe zu zerstören. (Mth 5, 28) Jesus sagt nicht, dass es nun keine Scheidung mehr geben würde und geschiedene Partner nicht mehr heiraten dürften, zum Beispiel in einer Lebenswelt wie der heutigen, die dafür auch ganz klare gesetzliche Grundlagen geschaffen hat.

Jesus und auch Paulus waren in ihrer Haltung zur Ehe und zum Ehebruch sogar sehr revolutionär und plädierten für eine ethisch höhere Eheform als zur Zeit des Alten Testaments. Bis dahin waren Entlassungen der Frau aus der Ehe, mehrere Ehefrauen, Nebenfrauen und sexuelle Ausschweifungen an der Tagesordnung. Indem Jesus die Ehescheidung bzw. Entlassungen für Mann und Frau verbot (wie vorausschauend von Jesus!), führte er wesentliche Veränderungen herbei, nämlich die Gleichheit der Geschlechter. Schade nur, dass Jesus in diesem Punkt dann jahrhundertelang ignoriert wurde. Doch zurück zum Thema. Damals bedeutete die höhere Eheform Schutz für die Frau. Frauen war es bis vor wenige Jahrzehnte nicht möglich, selbstbestimmt wie heute zu leben. Einen Mann zu verlassen oder von ihm verlassen zu werden, war ein grosser Makel oder gar der gesellschaftliche Tod. Zu biblischen Zeiten, wir reden von einer Zeitspanne von ein paar tausend Jahren, konnten Frauen sich nicht wehren, wenn Männer ihrer überdrüssig wurden. Deshalb zeigte Jesus den Männern auf, dass sie an ihren Frauen und an sich selbst schuldig würden, wenn sie leichtfertig entliessen und heirateten, wie es ihnen grad gefiel. So klar wie heute war weder die Ehe institutionalisiert und geschützt, noch waren im Fall von Scheidung Unterhalt und Kinderrechte so geregelt, dass ein wirtschaftliches Auskommen ausserhalb der Ehe möglich war.

Interessant an den Worten von Jesus ist, dass sie sich ganz klar auf eine partnerschaftliche und sexuelle Einheit des Ehepaares, also auf eine Beziehung der Ehepartner zueinander beziehen. Auch das ist revolutionär. Im Gegensatz zu bisher sollte sich das Eheverständnis nicht mehr an Kindern oder dem sozialen Wert (wirtschaftliche Versorgung) orientieren. Bei Jesus finden wir keinen einzigen Hinweis, der den Besitz von Frau, Kindern oder die biologische Fruchtbarkeit preist. Jesus hat also quasi die Liebesheirat erfunden! Wie modern! Daneben sind die wechselnden Lebensabschnittspartner unserer Zeit geradezu rückständig. Jesus will nicht, dass unsere Ehen scheitern. Er hat eine gottgewollte Paradiesehe vor Augen, wie von Anfang an gedacht. Aber trotzdem vergibt er Beziehungsschuld und nimmt sie auf sich. Übrigens auch die bereute Schuld aller anderer Bösartigkeiten des Herzens wie Unzucht, Diebstahl, Mord, Habgier, Bosheit, Hinterlist, Vergnügungssucht, Neid, Verleumdung, Stolz und Unvernunft. (Mk 7,22)

Jede Ehegeschichte ist individuell. Wer will richten darüber, welche Gründe zum Scheitern führten, noch über denen für eine Wiederheirat? Darf man oder darf man nicht? Das ist meiner Meinung nach die völlig falsche Frage. Das Kriterium für eine Wiederheirat sollte sein, tut es mir gut oder tut es mir nicht gut. Habe ich meine Geschichte verarbeitet oder zerstört sie unbemerkt die neue Beziehung. Statistisch gesehen sinkt mit jeder weiteren Ehe die Chance, dass sie hält. Mit grosser Wahrscheinlichkeit scheitert sie am Unverarbeiteten. Ich rate Dir aus meiner Beratungserfahrung heraus, dass Du Dich mit Deiner Person, Deiner persönlichen Lebensgeschichte und Deiner Ehegeschichte auseinandersetzt. Das vor allem macht Dich fähig für eine neue Beziehung und hilft Dir, das Alte hinter Dir zu lassen, vorwärts zu schauen und nicht Deine alten Fehler zu wiederholen. Suche Dir eine Person Deines Vertrauens, die nicht moralisiert, sondern Dir zu verstehen hilft, was passiert ist. Denn meistens geschehen Affären nicht aus heiterhellem Himmel. Da könnte Eurer Ehe oder auch Deiner Frau aus Ihrer ganz eigenen Geschichte heraus, schon länger etwas Entscheidendes gefehlt haben.

Lieber Jonas, meine Meinung ist, wenn Du im Frieden damit leben kannst, dass etwas in Deinem Leben geschehen ist, dass so von Gott nicht vorgesehen war, dann darfst Du wieder heiraten.

Herzliche Grüsse - Veronika

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April 22, 2016

Huch - eine Erektion!

by Veronika Schmidt in Aufklärung, Aufreger, falsche Scham, keusch, Küssen, Liebe, Lust, männliche Sexualität, Selbsterfahrung, Erektion, 2016


foto: liebesbegehren

foto: liebesbegehren

foto: liebesbegehren

foto: liebesbegehren

Hallo Veronika

Mein Freund und ich sind noch nicht so lange zusammen und wollen möglichst viel von unserer Sexualität für die Ehe aufbewahren. Da wir wissen, dass wir nicht grad heute oder morgen heiraten, sind wir ziemlich zurückhaltend. Das heisst, wir küssen und umarmen uns, aber sonst nicht mehr. Wir sind beide sehr sinnliche Personen und unsere gemeinsame Liebessprache ist Zärtlichkeiten. Das bringt eine gewisse Herausforderung mit sich, aber da wir sehr offen miteinander über alles sprechen, können wir uns gegenseitig helfen, unsere Grenzen nicht zu überschreiten.

Unsere grösste Herausforderung momentan ist, dass mein Freund immer sehr schnell erregt ist. Es kann passieren, wenn ich ihn nur lieb ansehe oder an ihm vorbei gehe, schon hat er eine Erektion. Schon ein kurzer Kuss ist für ihn sehr herausfordernd. Er ist dann immer frustriert, weil er körperlich so in Fahrt kommt, ohne dass er das will und ohne dass er seinem Bedürfnis nachgeben kann. Es ist ihm sehr unangenehm, und vor allem braucht er dann immer sehr viel Ablenkung, bis er sich "abgekühlt hat". Hast Du einen Tipp, was ihm helfen könnte? Hast Du eine Ahnung, wie andere Männer damit umgehen?

Grüsse Ramona, 28 Jahre


Liebe Ramona

Verzeih mir – ein bisschen schmunzeln musste ich wegen Deiner Frage. Ich meine, genau diese angenehmen und prickelnden Körperreaktionen und Gefühle machen die Verliebtheit ja so schön und aufregend. Oder bei Liebeskummer auch so schmerzhaft. Für viele Menschen ist es eine herbe Enttäuschung, wenn die Schmetterlinge im Bauch und die damit einhergehende Erregung nach einiger Zeit abnehmen, weil sie davon ausgehen, die Anfangseuphorie halte nun ewig an. Doch nüchtern gesehen, ist sie nur dazu da, einen geeigneten Kandidaten aus den vielen Bewerbern auszuwählen. Spätestens nach 3 Jahren verschwindet diese Form der Verliebtheit.

Erregung ist also quasi Sinn der Sache einer Liebesbeziehung. Beziehungsweise das natürlichste der Welt. Sie weckt in Euch das Liebesbegehren und lernt euch sexuelle Fähigkeiten, was für den Sex später sehr wichtig ist. Beim Mann ist die Erektion aussen am Körper sichtbar – sein  Penis richtet sich auf, bei der Frau hingegen läuft sie im inneren des Körpers ab – ihre Vagina wird feucht. Feucht wirst Du bei Erregung deshalb, weil auch Du in Deinem Inneren Schwellkörper hast, analog der Penisschwellkörper des Mannes (die Klitorisschwellkörper). Diese füllen sich durch die Erregung mit Blut, werden grösser und pressen so Feuchtigkeit durch deine Scheidenwand. Kannst Du das bei Dir feststellen? Und was löst diese Tatsache in Dir aus? Findest Du es ebenfalls unangepasst? Oder ignorierst du es einfach, weil man das optisch nicht sieht, im Gegensatz zum Aufrichten des Penis?

Die Kirche ist jahrhundertelang dem Irrtum aufgesessen, oder tut es zum Teil immer noch, dass sich Erregung kontrollieren lasse. Doch dem ist nicht so. Erregung ist ein Körperreflex, den wir nicht steuern können. Allem Erregenden aus dem Weg zu gehen, hilft auch nur bedingt. Denn der Penis führt nicht nur am Tag sondern auch in der Nacht ein Eigenleben. Genauso ein grosser Irrtum ist es aber auch, zu glauben, Erregung sei unnütz oder frustrierend, wenn sie nicht im Sex endet. Man kann die Erregung einfach geniessen und wieder abklingen lassen. Für die sexuelle Gesundheit – sprich Erhaltung der Funktionalität der Geschlechtsorgane – ist Erregung gut. Es bedeutet, dass alles funktioniert und stellt diese Funktion langfristig sicher. Dein Freund sollte sich schlicht freuen, dass sein Geschlecht so gut arbeitet. Es gibt Männer in meiner Beratung, die würden ihn deswegen beneiden. Nicht alle Männer (und auch nicht alle Frauen) sind gleich stark erregbar. Aber das kann man sich nicht aussuchen. Und in jungen Jahren ist die Erregbarkeit viel stärker als mit zunehmendem Alter.

Dass mit der Erregung Sehnsüchte einhergehen, ist natürlich auch klar. Mann und Frau können und sollen lernen, diese Sehnsüchte zu „befrieden“ -  im Gegensatz zu befriedigen. Nicht immer ist Befriedigung erwünscht oder sinnvoll. Befrieden ist ein uraltes Wort und bedeutet, (in einem Land, einem Ort) Frieden, einen Zustand des Friedens herbeiführen, mit innerer Ruhe erfüllen. Also – in die Erregung auch wieder Ruhe einkehren lassen. Das würde zum Beispiel heissen, nicht endlos lange herumzuknutschen, sondern sich auch anderweitig miteinander zu beschäftigen, zu unterhalten, etwas zu unternehmen. Du fragst nach einem „Abkühlungstipp“. Ich würde sagen, nehmt das Ganze mit etwas Gelassenheit. Wenn Dein Freund sich dermassen bemüht, keine Erektion zu haben und wenn sie da ist, sie zu unterdrücken, wird „Er“ erst recht stehen. Also – tief Luft holen und relaxen.

Denn was ihr jetzt an Gefühlen erlebt, lernt Euch Erotik für hoffentlich eine lange Dauer Eurer Beziehung. Die Fähigkeit zur Erotik entwickeln bedeutet, sich selbst als sexuelles Wesen wahrzunehmen, zu dem eben auch die Erregung gehört, und so ein Gespür für die eigene Leidenschaft zu entwickeln. Letzthin behauptete doch tatsächlich ein amerikanisches christliches Magazin, Erotik sei von Gott nicht vorgesehen. Da kann ich nur sagen: „so ein Blödsinn!“. Was anderes als Erotik sind denn Sprüche 5:19 oder das Hohelied?

Dazu zitiere ich aus meinem Buch LIEBESLUST: „Wie ein gutes Gericht setzt sich die menschliche Sexualität aus verschiedenen Komponenten zusammen. Aus der je eigenen Erotik der Frau und des Mannes und ihren erotischen Fähigkeiten, die sie sich allein und zusammen mit dem Liebespartner erworben haben. Dann aus ihren Liebesgefühlen und ihrem sexuellen Begehren. Und zuletzt auch aus ihren Fähigkeiten der Verführung und der erotischen Kommunikation. Diese verschiedensten Zutaten werden zu einem erfüllenden Erlebnis, je mehr wir sie uns aneignen und ausbilden können. Je besser es uns als Mann und Frau gelingt, unseren Körper und die Funktion unseres Geschlechts zu kennen und damit unsere ganz eigene Erotik zu entwickeln, desto genussvolleren Sex werden wir erleben.“

Erotik ist die Überlebenschance für eine Liebesbeziehung. Romantische Liebe währt nicht ein Leben lang. Aber man kann sie ersetzen durch eine tiefe Bindung. Neben Erotik beinhaltet diese Intimität, Leidenschaft und Respekt vor sich selbst und dem Partner gegenüber. Dafür sollte man sich gegenseitig gut kennenlernen und sich beste Freunde werden, das alles gepaart mit Humor, einer gewissen Bodenhaftung und einem Hauch von Abenteuerlust. Die Bibel nennt das „erkennen“. Das sollte Euer langfristiges Beziehungsprojekt sein. Eure Leidenschaft mit all den damit einhergehenden körperlichen Reaktionen und Erektionen gehören schlicht und einfach mit dazu.

In diesem Sinne - cool down! Herzlich - Veronika

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February 26, 2016

Mein Freund guckt Pornos und kommt nicht davon los. Ich würde ihm gerne helfen.

by Veronika Schmidt in Aufklärung, Aufreger, Gott, Lust, männliche Sexualität, Porno, Selbstbefriedigung, Selbstverantwortung, Solosex, Sünde, 2016


foto: liebesbegehren

foto: liebesbegehren

foto: liebesbegehren

foto: liebesbegehren

Liebe Veronika

Ich bin noch nicht so lange mit meinem Freund zusammen. Nun hat er mir gestanden, dass er seit seiner Pubertät pornosüchtig sei und nicht davon loskomme. Er hätte schon alles versucht und habe nun resigniert. Er war in der Seelsorge deswegen und besuchte auch eine Männergruppe, in der alle davon loskommen wollten, aber letztlich einander nicht helfen konnten. Ich liebe meinen Freund, aber dieses Thema stresst mich sehr. Ich fühle mich irgendwie herabgesetzt und gedemütigt. Was, wenn er nie damit aufhört? Ich möchte ihm helfen, kannst Du mir sagen, wie ich das anpacken soll?

Thilla, 27 Jahre


Liebe Thilla

Ich kann gut verstehen, dass es Dich stresst, dass Dein Freund Pornos guckt. Also hast Du das Problem beherzt zu Deinem eigenen Projekt gemacht. Doch das funktioniert auf diese Weise leider nicht. Damit landest Du in der Co-Abhängigkeit, in der plötzlich Du dafür verantwortlich bist, ob das Vorhaben gelingt oder nicht. Dazu kommst Du in die unselige Rolle der Kontrolleurin, was Eurer Beziehung und Dir selbst ganz bestimmt nicht gut tut. Dein Freund muss auf diese Weise keine Verantwortung für sein Handeln übernehmen. Ich muss Dich leider enttäuschen. Du kannst ihm nicht helfen, davon loszukommen, das muss er schon selbst an die Hand nehmen. Das einzige was Du tun kannst, ist, den Druck zu erhöhen, indem Du ihm sagst, dass es Dir stinkt, einen Freund zu haben, der Pornos konsumiert. In der Konsequenz würdest Du natürlich vielleicht auch eine Entscheidung provozieren, in der er wählt zwischen Dir oder seiner Pornosucht.

Das Wort Pornosucht ist eigentlich nicht ganz korrekt. Zwanghaft Pornofilme konsumieren ist keine Krankheit und ruiniert auch nicht direkt die körperliche Gesundheit. Der israelische Familientherapeut Haim Omer plädiert in seinem Buch Feindbilder – Psychologie der Dämonisierung sogar dafür, jegliches Suchtverhalten umzubenennen, damit der Mensch Verantwortung übernehmen muss. Damit er nicht die Sucht dämonisiert und zu einem schädlichen Objekt macht, auf das er keinen Einfluss nehmen kann. So nach dem Motto: „Das macht es einfach mit mir.“ Magersüchtige sollen sagen: „Ich verweigere das Essen. Ich hungere.“ Diejenigen mit Bulimie: „Ich kotze mein Essen raus.“  Übergewichtige: „Ich esse Zuviel.“ Oder eben ein Pornokonsument: „Ich schaue unglaublich viele Pornos und höre einfach nicht auf damit, obwohl es mir längst keine Befriedigung mehr verschafft.“

Doch wie könnte Dein Freund denn nun vom Pornoschauen wegkommen? Du schreibst, dass er vor allem seelsorgerliche Hilfe gesucht hat. Seelsorger arbeiten in der grossen Regel auf die Abstinenz hin und zwar von Pornokonsum und Selbstbefriedigung. Eine junge Frau schrieb mir letzte Woche, dass sie seit ihrem 13. Lebensjahr und über Jahre intensiv Pornovideos anschaute. Mit Hilfe eines Freundes hätte sie nun zwar den Ausstieg geschafft, falle aber ab und zu wieder zurück, und vor allem schaffe sie es nicht, mit der Selbstbefriedigung aufzuhören. Sie wollte von mir wissen, ob Gott Selbstbefriedigung gefällt oder nicht. Manchmal fühle sie sich danach nicht gut, aber manchmal eben doch.

Du siehst, Pornos konsumieren nicht nur Männer. Die Frauen sind mächtig am Aufholen. Die Gruppe religiöser Menschen ist weit vorne mit dabei. Weshalb? Meine These: Weil Sexualität nach wie vor das Tabuthema Nr. 1 ist und wir in der Kirche nicht anerkennen, dass Sexualität zum Menschsein und seiner Entwicklung einfach mit dazu gehört. Wo sollen denn die Menschen mit ihren sexuellen Bedürfnissen hin, wenn sie darüber nicht gelehrt werden? Körperfeindlichkeit ist der direkte Weg in sexuelle Ausschweifungen. Die Pornoindustrie dankt es den Kirchen.

Und weshalb kommen Menschen nicht von Pornos los, obwohl sie das möchten? Weil sie die Filme und die Selbstbefriedigung nicht entkoppeln. Ich habe schon einiges auf diesem Blog zu Selbstbefriedigung und Pornografie geschrieben. Darüber, dass man seinen Körper geniessen lernen sollte, damit die sexuellen Sehnsüchte gestillt werden und man so eher zu einem selbstbestimmten Genuss und weg von einem unkontrollierbaren Drang kommt.

Wenn Dein Freund wirklich davon loskommen will, würde ich ihm sehr ans Herz legen, eine professionelle Sexualtherapie aufzusuchen. Um das alleine zu schaffen, ist er vielleicht schon viel zu lange in diesem Muster drin. Ich hörte die Geschichte einer jungen Frau, die ins Kloster eintreten wollte. Doch sie hatte einen grossen Stress mit sich, weil sie mit der exzessiven Selbstbefriedigung vorher aufhören wollte, es aber nicht schaffte. Ihre Vertrauensperson im Kloster riet ihr, eine Sexualtherapie zu besuchen, nicht weil die Selbstbefriedigung das Problem war, sondern der grosse Druck, den die Novizin sich machte. Die aufgesuchte Sexualtherapeutin erklärte sich einverstanden damit, am Wunsch, mit Selbstbefriedigung aufzuhören, zu arbeiten, unter der Bedingung, dass die junge Frau sich erst darauf einlassen würde, ihre Solosexualität und ihren Körper zu geniessen.  Dieser Weg hat die Novizin schliesslich zum gewünschten Ziel gebracht.

Um die Frage der jungen Frau aufzunehmen - gefällt Gott Selbstbefriedigung oder nicht? Soll ich mich ausschliesslich gesund ernähren oder mir ab und zu Schokolade und Alkohol gönnen? Gott sagt nichts dazu, ob es ihm gefällt oder nicht. Zum Glück nicht – finde ich. Gott sieht das alles viel grösser, nicht so im Detail. Fürs Detail sind wir ganz allein zuständig. Auf jeden Fall sind die sexuellen Sehnsüchte und die körperlichen Fähigkeiten, diese zu stillen, in uns angelegt. In uns angelegt ist eine sexuelle Entwicklung und sexuelles Lernen gehört dazu. Selbstbefriedigung ist Selbsterfahrung und hilft, Freude an unserem Körper und der Sexualität zu bekommen. Erlernen müssen wir Selbstverantwortung und Selbstkontrolle. Wir leben und entscheiden ganz allein in aller Freiheit für uns selbst. Und über allem sollen wir von nichts beherrscht werden.

Liebe Thilla, ich wünsche Dir eine gewisse Distanz und Entspanntheit zum Problem Deines Freundes. Es hat auch in erster Linie mit ihm persönlich und erst danach mit Eurer Beziehung was zu tun. Unterstütze Ihn, indem Du ihm zwar Lösungswege aufzeigst, ihn danach aber auch wieder loslässt in die Eigenverantwortung.

Herzliche Grüsse - Veronika

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© by Veronika Schmidt. Publikation, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung.